Liegt der Body Mass Index bei einem Patienten jenseits von 25, spricht der Arzt bereits von Übergewicht, überschreitet der Body Mass Index die 30, liegt nach der ärztlichen Definition eine Adipositas oder Fettleibigkeit vor. Betroffen ist jeder vierte Patient im Wartezimmer eines deutschen Arztes von Fettleibigkeit und bei 40 Prozent lässt sich bereits ein Übergewicht mit kritischem Bauchumfang diagnostizieren.
Wenn bereits nahezu die Hälfte der Bevölkerung bedenkliche Gewichtsprobleme aufweist, zeigt dies einen Trend, der als relevante Bedrohung der Volksgesundheit eingestuft werden kann. So nimmt jeder Übergewichtige das Risiko billigend in Kauf, einen Diabetes mellitus, eine koronare Herzerkrankung oder einen Schlaganfall zu erleiden. Damit verbunden sind oft chronische Erkrankungen, Arbeitsunfähigkeit, deutlich herabgesetzte Lebensqualität und bei vielen Betroffenen der Tod.
Es sind die Hausärzte, die Patienten mit den unterschiedlichen Risikofaktoren, die aus dem Übergewicht resultieren, als erstes in ihrer Praxis sehen und die unmittelbar darauf reagieren sollten. Dies umso mehr, als dass Übergewicht und Adipositas zu den wichtigsten vermeidbaren Erkrankungen gehören, die unbehandelt zu den größten Problemen und Kosten des Gesundheitswesens werden.
So ist es empfehlenswert, dass jeder übergewichtige Patient auf seine diabetische Stoffwechselsituation hin untersucht wird. Bei etwa der Hälfte aller Patienten mit einem Body Mass Index von mehr als 30 lässt sich bereits eine manifeste Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2) feststellen. Mit dieser Diagnose befindet sich der Patient auf dem besten Weg zu einer Patientenkarriere, die wegen der Ausbildung einer Atherosklerose zu Gefäßschädigungen und Herzerkrankungen sowie allgemeinen Durchblutungsstörungen führt. Auch kleinste Gefäße leiden unter dem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel und münden in Augenerkrankungen, die als diabetische Retinopathie bis zur Erblindung führen kann. Die Störung der Mikrodurchblutung verursacht auch die Nierenschäden, die bei vielen Diabetikern zum Nierenversagen führt. Die meisten Dialysepatienten gehören dem Kollektiv der Diabetiker an.
Als besonders gefährlich für die Entwicklung unterschiedlicher Stoffwechselerkrankungen wird der vermehrte Bauchumfang gewertet, der die Masse des viszeralen Fettgewebes widerspiegelt. Beträgt der Bauchumfang bei Männern mehr als 102 cm und bei Frauen mehr als 88 cm, spricht dies für eine vermehrte viszerale Fettansammlung, die aufgrund der engen Korrelation mit Herz-Kreislauferkrankungen, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus Typ 2 den Betroffenen als „kardiometabolischen Risikopatienten“ identifiziert.
Bei einer Stammfettsucht mit vermehrter Ansammlung von Fettgewebe im Bauchraum handelt es sich – entgegen früherer Meinungen – nicht einfach nur um Reservoir für überschüssige Fettzellen, sondern diese Fettzellen sind metabolisch hochaktiv. Das bedeutet, dass sie unterschiedliche Hormone und Botenstoffe produzieren, die direkt mit dem Sättigungszentrum im Gehirn in Verbindung stehen und für dauerhaften Hunger mit vermehrter Nahrungszufuhr verantwortlich sind. Leptin, Adiponectin und Ghrelin sind die bekanntesten Botenstoffe, die nicht zuletzt über den Einfluss auf die Insulinresistenz, einem Diabetes mellitus den Weg bereiten.
Aufgrund neuer Erkenntnisse zu den pathophysiologischen Zusammenhängen der Adipositas mit vermehrtem viszeralen Fettgewebe und Freisetzung unterschiedlicher Botenstoffe, die für das Auftreten chronischer Erkrankungen und Gefäßschädigung maßgeblich verantwortlich sind, wird klar, dass Übergewicht und Fettleibigkeit als wichtige Erkrankung gewertet werden muss, die ähnlich wie ein Bluthochdruck den Organismus des Betroffenen sowie die Funktion der Gefäße und Organe erheblich beeinträchtigt.
Aufgrund dessen plädieren die Experten und Fachgesellschaften für eine Anerkennung des Übergewichts und der Adipositas als Erkrankung, deren Behandlungskosten von den Krankenkassen übernommen werden sollten. Die Einbeziehung des Hausarztes in die Behandlung ist dringend erforderlich, weil dieser den Patient über viele Jahre begleitet, die familiär-genetische Belastung erkennt und den krankmachenden Lebensstil aus Überernährung und Mangelbewegung als erster feststellt. Findet hierzu möglichst frühzeitig eine ärztliche Beratung und Betreuung statt, lässt sich die Entwicklung zum krankheitswertigen Übergewicht und die Entwicklung von Folgeschädigungen des gesamten Herz-Kreislaufsystems noch vermeiden.