Seit Jahren werden in medizinischen Fachkreisen die Ursachen der Neurodermitis erforscht. Gesichert ist bisher, dass die Vererbung eine große Rolle bei der Entstehung dieser atopischen Erkrankung spielt. Das haben Zwillings- und Familienstudien ergeben. Die Veranlagung für eine Atopie lässt sich allerdings noch nicht einem einzelnen Genabschnitt zuordnen, der das Risiko, an Neurodermitis, Asthma oder Heuschnupfen zu erkranken, weiter trägt. Sind beide Elternteile Allergiker, so beträgt die Wahrscheinlichkeit für das Kind, ebenfalls eine atopische Erkrankung zu entwickeln, 50 bis 70 Prozent.
Die genauen Gründe für das Ausbrechen der Hautkrankheit sind ebenfalls unbekannt, man weiß aber heute sehr viel mehr über einige der am Krankheitsverlauf beteiligten Prozesse. Den atopischen Erkrankungen gemeinsam ist offensichtlich eine Schwächung der Barrierefunktion der Haut und eine Freisetzung von körpereigenen Stoffen in der Haut (überschießende Immunreaktion), die zu einer Entzündung führt.
Die gesunde Haut ist eine wirkungsvolle Barriere. Sie verhindert das Austrocknen und das Eindringen von Bakterien, Reizstoffen oder Allergenen. Unter der Hornschicht werden die Hautzellen von einer Lipidsubstanz zusammengehalten und bilden so eine homogene Schicht, die als Barriere dient. Die Unversehrtheit dieser Schicht ist wichtig, um einen Wasserverlust aus der Haut zu vermeiden. Die Hautzellen enthalten zudem Feuchthaltefaktoren wie den Natural Moisturizing Factor (NMF) und Urea (Harnstoff) die Wasser binden und die Zellen elastisch und geschmeidig halten.
Bei dem Krankheitsbild der Neurodermitis wird vermutet, dass ein genetischer Defekt dazu führt, dass die Freisetzung der Lipidsubstanz, die für den Zusammenhalt der Zellen wichtig ist, nicht gebildet oder freigesetzt wird. Durch das Fehlen der Kittsubstanz wird die Barrierefunktion der Haut geschwächt. Allergene, Reizstoffe und Bakterien können leichter in die Haut eindringen. Zudem kommt es zu einem hohen Feuchtigkeitsverlust. Die Haut wird trocken und es bilden sich kleine Risse.
Neue Forschungsergebnisse haben ergeben, dass die Haut von Patienten mit leichter Neurodermitis von sehr vielen Bakterien mit dem Namen “Staphylococcus aureus” besiedelt ist. Die Bakterien setzen ein Toxin frei, das in die geschädigte Haut eindringen kann und eine starke Entzündungsreaktion auslöst. Die Haut wird rot und wund, schwillt an und juckt. Durch kratzen wird der Juckreiz jedoch stärker, in manchen Fällen so stark, dass die Betroffenen auch bei bereits blutender Haut weiterkratzen. Die kleinen Wunden und Kratzspuren begünstigen das Eindringen von Reizstoffen und Allergenen und eine erneute Entzündungsreaktion. Ein Teufelskreis entsteht.
Eine Therapie der Neurodermitis wird immer danach ausgerichtet sein, den Teufelskreis aus Entzündung, Jucken und Kratzen zu durchbrechen.