Essstörungen sind weit verbreitet und nehmen besonders unter den Jugendlichen konstant zu. Die wichtigsten Essstörungen sind die Anorexia nervos, die Bulimie und die relativ neue Binge-eating-Störung, die von unkontrollierbaren Essattacken gekennzeichnet ist und vorwiegend stark übergewichtige Menschen betrifft.
Es wird davon ausgegangen, dass einer Anorexia nervosa eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körperbildes zugrunde liegt.
Die Angst dick zu sein oder dick zu werden beherrscht bei diesen Personen das gesamte Denken und Fühlen, welches sie zu einem extremen Gewichtsverlust veranlasst.
In den westlichen Kulturen werden Menschen mit Übergewicht zu den unattraktiven, ungesunden, undisziplinierten und erfolglosen Personen gerechnet. Dies trifft aber ebenso wenig die Realität wie die Vorstellung, dass schlanke und untergewichtige Menschen zu den dynamischen, gesunden und erfolgreichen Idealen gehören.
Die Anorexia ist eine ernsthafte bis lebensbedrohliche Erkrankung, sie kann in einer milden Form und einer kurzen Dauer auftreten, aber auch einen dramatischen Verlauf nehmen, in dem das Körpergewicht nicht mehr mit einem gesunden Überleben vereinbar ist. Obwohl die meisten Betroffenen bereits sehr schlank sind, beschäftigen sie sich ausschließlich mit ihrem Körpergewicht und nehmen kaum noch Nahrung auf.
Auffällig werden anorektische Personen auch, weil sie sich nur mit dem Essen und Methoden unterschiedlicher Diäten beschäftigen. Gleichzeitig werden Nahrungsmittel gehortet und versteckt, häufig aber auch entsorgt im Sinne einer extremen Verschwendung von Lebensmitteln.
Fragt man sie nach ihren Essgewohnheiten, werden sie zu notorischen Lügnern. Gelingt es sie zum essen zu motivieren, wird durch selbstinduziertes Erbrechen alles wieder aus dem Körper entfernt. Nicht selten zeigt sich ein regelmäßiges Ess-Brech-Verhalten, begleitet von einem enormen Missbrauch abführender Substanzen und extremer Sportaktivitäten, um das Körpergewicht niedrig zu halten oder sogar noch weiter zu senken.
Die Therapie dieser Essstörung ist sehr schwierig, weil jegliche Krankheitseinsicht fehlt und selbst lebensbedrohliche Entwicklungen nicht wahrgenommen werden wollen. Größte Sorge entsteht bei den Angehörigen, besonders den Müttern der Jugendlichen, die mit dem anorektischen Kind den Arzt aufsuchen. In einigen Fällen lässt sich die Magersucht durch eine Psychotherapie bessern. Noch immer handelt es sich aber um die psychische Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate.
Zwei neue Therapieverfahren wurden entwickelt und mit der herkömmlichen Psychotherapie verglichen, so Professor Wolfgang Herzog von der Universität Heidelberg. In der ANTITOP-Studie wurden unter der Leitung der Professoren Zipfel, Tübingen und Professor Herzog diese Studie durchgeführt, und zehn Universitätskliniken haben daran teilgenommen.
Dazu waren 242 anorektische Frauen in die Studie integriert, die Hausärzte erhielten strukturierte Informationen und wählten einen Psychotherapeuten aus, der entsprechend die Therapie seiner Wahl durchführte. Neben der Psychotherapie konnten auch zwei speziell für die Anorexie entwickelte Verhaltenstherapien über zehn Monate angewendet werden, nämlich eine kognitive Verhaltenstherapie sowie eine fokale psychodynamische Psychotherapie.
Das Resultat der Studie zeigte, dass erwachsene Patientinnen durch die spezifische Therapie eine reale Chance für eine Heilung haben oder zumindest eine nachhaltige Besserung. Dennoch litten am Ende des Therapiejahres noch 25 Prozent der Teilnehmer an einer ausgeprägten Magersucht, berichten die Autoren.