Die Hälfte aller Typ 2-Diabetiker in Deutschland haben das 65. Lebensjahr überschritten; in der Gruppe der mehr als 85jährigen leidet sogar jeder Fünfte an einem Altersdiabetes. Typ 1-Diabetes ist vorzugsweise eine Erkrankung der Kinder und Jugendlichen, inzwischen haben aus diesem Kollektiv etwa 100.000 das 70. Lebenjahr überschritten. Aufgrund der typischen Begleit- und Folgeerkrankungen des Diabetes leiden diese Altersgruppen zusätzlich an weiteren Erkrankungen und Funktionsstörungen.
Dies sollte man sich vor Augen halten, wenn für ältere Menschen mit Diabetes ein Behandlungsplan erstellt wird: Zielplanung, Allgemeinmaßnahmen und die Pharmakotherapie sollten harmonisiert und auf den individuellen Patienten ausgerichtet werden. Eine intensive Senkung des Blutzucker – wie sie bei jüngeren Diabetikern angestrebt wird – ist bei vielen Senioren nicht mehr sinnvoll, so die Experten auf dem Diabeteskongress in Berlin.
Noch vor wenigen Jahrzehnten hatten Menschen mit Diabetes eine deutliche niedrigere Lebenserwartung als Stoffwechselgesunde. Mit dem medizinischen und technischen Fortschritt der Insulintherapie können diese Patienten inzwischen ein hohes Alter erreichen.
Dadurch stehen aber die Ärzte, Diabetesberater und das Pflegepersonal vor neuen Herausforderungen, so Professor Jochen Seufert aus Freiburg. Das Wissen um individuelle und interdisziplinäre Therapieansätze bei geriatrischen Diabetespatienten muss mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.
Es geht in erster Linie um den Erhalt der Selbständigkeit dieser Senioren, ebenso wie um eine gute Lebensqualität. Daher ist nicht mehr die Reduktion des HbA1c-Wertes auf 6,5 oder 7 Prozent angestrebt wie bei jüngeren Patienten. Diese sind nur für Senioren ohne Begleiterkrankung mit einer guten gesundheitlichen Konstitution anzustreben, sagte Dr. Rahel Eckardt-Felmberg aus Berlin. Ältere Menschen mit Diabetes und zusätzlichen Begleiterkrankungen haben durch eine intensive Blutzuckersenkung ein weitaus höheres Risiko für eine Unterzuckerung (Hypoglykämie).
Diese können ausgeprägte Symptomen verursachen, das Gehirn schädigen, den Herzrhythmus instabilisieren und die Entstehung einer Demenz fördern. Jede erlebte Hypoglykämie bei Senioren verlängert deren Krankenhausaufenthalt, verdreifacht das Risiko in der Klinik zu sterben und verdoppelt es im darauffolgenden Jahr.
Aus diesem Grund ist die Vermeidung jeder Hypoglykämie bei Senioren weitaus wichtiger als eine normale Blutzuckereinstellung. Auch soll die Therapie so einfach wie möglich und so intensiv wie nötig gestaltet sein, der Arzt sollte sich auf wenige Medikamente beschränken und eine gute Lebensqualität und Selbständigkeit für die Senioren ist ein anzustrebendes Ziel.