In Deutschland sollen mehr als vier Millionen Menschen an einer morbiden Adipositas leiden. Ein solches krankhaftes, sehr starkes Übergewicht beginnt bei einem BMI jenseits von 35 kg/m2. Auch ca 400.000 Menschen mit
extrem hohem Übergewicht leben in Deutschland, und den Betroffenen droht
ein hohes Sterberisiko, das vergleichbar ist dem Risiko an einer bösartigen
Tumorerkrankung zu sterben.
Wirklich wirksame Therapien sieht Professor Stephan Bischoff aus Tübingen
noch in weiter Ferne, einzig die operative Magenverkleinerung oder
Magenumgehung zeigen belastbares Zahlenmaterial einer nachhaltiger
Gewichtsreduktion. Noch immer bleiben viele Fragen in der täglichen
Versorgung übergewichtiger und adipöser Patienten weitgehend
unbeantwortet. Viele der angepriesenen Diäten und multiplen
Gewichtsreduktionsprogramme führen die Menschen in einen JoJo-Effekt,
aus dem sie von Mal zu Mal noch übergewichtiger hervorgehen. Die
Möglichkeiten der therapeutischen Gewichtsreduktion sind breit gestreut,
und reichen von der kontrolliert gesunden Ernährung über diverse
fettabsorbierende Substanzen und Proteindrinks bis zur Modifizierung der
Darmflora. Die Aufforderung zu vermehrter körperlicher Aktivität begleitet
jedes Abnehmprogramm.
Seit jeher wurde der Darm als Reservoir für die Aufnahme und Aufspaltung
der Nahrungsmittel gesehen, und den daran beteiligten regulatorischen
Mechanismen zu wenig Beachtung geschenkt. Nicht alleine die
Hormonproduktion des Gastrointestinaltrakts verdient Beachtung bei der
Gewichtszunahme, sondern auch die Darmbakterien, das sogenannte
Mikrobiom, tragen wesentlich zur Verwertung bestimmter Nährstoffe bei.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Interaktion der Bakterien mit der
Darmwand und der Darmschleimhaut bei der Entstehung von Übergewicht
und Adipositas, haben die Forscher herausgefunden.
Es ist demnach nicht allein die zugeführte Kalorienzahl für die kontinuierliche
Zunahme des Körpergewichts verantwortlich, sondern auch die hormonelle
und bakterielle Reaktion jedes individuellen Organismus beteiligen sich bei
der Nahrungsaufnahme, den Verdauungsvorgänge und Nährstoffverwertung
ein. Diese sollten intensiver erforscht werden.
Weil die wissenschaftliche Forschung zur Adipositas noch weit davon entfernt
ist Eingang in die tägliche Praxis zu finden, stehen einige vielversprechende
Therapien noch nicht zur Verfügung. Daher bleibt den Übergewichtigen und
Adipösen die Entscheidung, eine der vielen angebotenen
Behandlungsangebote aus der Apotheke oder dem Reformhaus anzuwenden,
und den JoJo-Effekt zu riskieren.
In Deutschland existiert ein noch immer gestörtes Verhältnis zur Prävention,
insbesondere beim Thema Übergewicht und Adipositas zieren sich die
Politiker und Entscheider aus dem Gesundheitswesen, klare
Präventionsangebote zu unterstützen und zu fordern – es sei den diese
kosten nichts.
Dringend gebraucht werden jetzt und heute das gemeinsame Engagement
der unterschiedlichen medizinischen Fachkräfte aus Ärzten, Ernährungswissenschaftlern und Ökotrophologen, sowie die dringend
notwendige und unterstützende Zusammenarbeit mit Psychologen und
Sportmedizinern, um ein erfolgversprechendes Präventionskonzept zu
etablieren.