Bei jeder vierten Frau und jedem achten Mann wird in Deutschland eine Depression vor dem 65. Lebensjahr diagnostiziert. Daraus leitet sich ab, dass vier Millionen Menschen an Depression erkrankt sind, deren Versorgung durch Fachärzte (Neurologen/Psychiater) nicht gewährleistet werden kann. Vor allem beim hausärztlich tätigen Allgemeinmediziner finden sich diese Patienten ein, der nicht nur die Diagnose, sondern auch die Versorgung des größten Teils dieses Kollektivs erbringt.
Vielfach suchen die Patienten zu Beginn der Beschwerden ihren Hausarzt auf, dem sie vertrauen und von dem sie auch langfristig weiter behandelt werden möchten.
Auf den niedergelassenen Allgemeinmediziner kommt mit den psychiatrisch Erkrankten eine große Herausforderung zu, die ein fachlich kompetentes und strukturiertes Vorgehen im Umgang mit der Depression voraussetzt.
Die von den Patienten geschilderten Symptome sind oft unspezifisch und können das gesamte Organspektrum betreffen, wie etwa funktionelle Magen-Darmerkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme sowie Kopfschmerzen und Migräne. Als häufige Beschwerden imponieren diffuse Schmerzen, Freudlosigkeit, Interessenverlust, Schlaflosigkeit und Erschöpfung, die zum Rückzug der Patienten von sozialen, beruflichen und sportlichen Aktivitäten führen.
Es erfordert die besondere Aufmerksamkeit des Arztes, bei diesen Patienten an das Vorliegen einer Depression zu denken und eine sorgfältige Diagnostik durchzuführen. Es ist wichtig, wenn man solche Symptome bei sich selbst feststellt und die man nicht richtig einordnen kann, dem Arzt seines Vertrauens offen mitzuteilen. So werden langwierige Suchen nach einer nicht vorhandenen, körperlichen Ursache vermieden, und die Therapie der seelisch belastenden Depression beginnt frühzeitig.
Ist eine depressive Verstimmung erstmals aufgetreten, helfen Allgemeinmaßnahmen wie vermehrte sportliche Aktivität, Yoga oder Tai Chi, häufiges Treffen mit guten Freunden und verstärkte Wahrnehmung guter sozialer Kontakte sowie ein Verhaltenstraining (Ursache erkennen, lernen sich zu schützen), die Symptome zu verbessern.
Verordnet der Arzt ein Antidepressivum, (z.B. ein SSRI = selektiver Serotonin-Rezeptor-Inhibitor), ist es unbedingt erforderlich, der ärztlichen Einnahme-Empfehlung zu folgen. Es zeigt sich nämlich immer wieder, dass ein wesentlicher Grund für eine erneute depressive Phase in der Nicht-Einnahme der verordneten Medikamente zu suchen ist.
Jede zweite oder sogar dritte depressive Episode prädestiniert den Betroffenen für die Entwicklung einer chronischen Depression. Diese macht aus einem Menschen mit einer vorübergehenden depressiven Phase rasch einen psychisch schwer zu behandelnden chronisch Depressiven. In diesem Stadium wird die Behandlung langwierig, depressive Episoden machen das Leben immer wieder schwer und können sogar zur Klinikeinweisung führen.