Weltweit leiden weit über 100 Millionen Menschen an Diabetes. Allein in Deutschland ca. 6,3 Millionen. Vor allem Wohlstand sowie Bewegungsmangel führen dazu, dass diese Zahlen immer weiter wachsen. Da die Krankheit zu lebensbedrohlichen Schäden an Gefäßen, Herz und Nieren führt, muss dem entgegengewirkt werden: mit Ernährungsumstellung, dem Einsatz von blutzuckersenkenden Medikamenten und sehr viel Bewegung.
Doch was jeder Diabetiker wissen muss ist, dass körperliche Aktivitäten eine wichtige Säule der Behandlung sind. Viele übergewichtige Diabetiker tun sich mit Sport äußerst schwer. Besonders mit ausreichend Bewegung lässt sich eine Verbesserung des Zuckerstoffwechsels erreichen. Denn während körperlicher Aktivität kommt es zu einer leichten, durch den Mehrverbrauch an Glukose bedingten Senkung des Blutzuckerspiegels, der beim Diabetiker noch ausgeprägter ist als beim gesunden Nichtdiabetiker. Eine zu starke Senkung des Blutzuckerspiegels, also eine Unterzuckerung, ist nur bei Diabetikern zu befürchten, die Insulin spritzen. Deshalb müssen sie vor körperlichem Training die übliche Insulindosis reduzieren oder zusätzliche Portionen an Kohlenhydraten einnehmen.
Prinzipiell ist jede Form körperlicher Aktivität, unabhängig von deren Dauer oder Intensität, grundsätzlich zur Verbesserung der Stoffwechsellage des Diabetikers geeignet – abgesehen von sehr kurz dauernden Belastungen wie Gewichtheben, Kugelstoßen und Sprungdisziplinen. Das
Ausmaß und die Art des Trainings sind in erster Linie vom Lebensalter, von der bisherigen Sportaktivität, vom Körpergewicht und Begleiterkrankungen abhängig.
Als geeignet gelten vor allem Belastungsarten, die einen großen Stoffwechseleffekt haben und über längere Zeit ausgeübt werden können, so genannte Ausdauerbelastungen. Der zusätzliche Verbrauch an Bewegungskalorien über die Verbesserung des Zuckerstoffwechsels ist hier ebenso wichtig wie die Verbrennung von Fetten bei niedriger Belastungsintensität. Die Palette der Möglichkeiten ist lang: Walking, Jogging, Inline-Skating, Langlauf, Schwimmen oder Aquafit, viele Ballspielen oder Mannschaftssportarten kommen als Belastungsarten in Frage. Wichtig ist aber ein regelmäßiges, am besten tägliches Training.
Zu Sportlern, die ebenfalls unter Diabetes leiden, gehören der Gewichtheber Matthias Steiner, der Torwart von Mainz 05 Dimo Wache und Michael Hackert, Eishockeyspieler der Frankfurt Lions. Hier die Interviews mit den Prominenten, in denen sie erzählen, wie sie mit der Krankheit umgehen:
Matthias Steiner (23) ist gelernter Installateur und Wahldeutscher. Gekommen ist er aus Österreich, der Liebe wegen – und des Sports. Er ist Weltklasse-Gewichtsheber und er hat Diabetes. Trotz aufkommender Zweifel wegen seiner Sportlerkarriere zeigt seine Biografie eindeutig: Auch als Diabetiker kann man erfolgreich Sport betreiben.
Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie Diabetiker sind?
Es war genau zu meinem 18.Geburtstag in der Augenklinik des Krankenhauses, durch eine einfache Blutzuckermessung.
Welches waren die ersten Symptome?
Das erste Merkmal war das enorme Verlangen nach Flüssigkeit. Acht bis neun Liter trank ich pro Tag und der Durst war immer noch nicht weg. Danach ging mein Appetit verloren. Ich dachte, dass ich durch das viele Trinken einfach keinen Hunger hatte. Ich nahm in den drei Monaten vor der Diagnose fünf Kilo ab, obwohl ich als junger Gewichtsheber im Aufbau kontinuierlich zunehmen sollte. Wirklich besorgt war ich erst, als sich mein Sehvermögen rapide verschlechterte. Da ich mit dieser Krankheit noch nie konfrontiert wurde, kam mir nicht der Gedanke, dass dies mit einer Diabetes-Erkrankung in Zusammenhang stehen könnte.
Wie haben Sie gelernt mit der Diagnose umzugehen?
Der Drang nach Bewegung war schnell wieder da. Gegen den Willen der Ärzte wollte ich bereits nach einer Woche mit dem regelmäßigen Training beginnen. Allerdings bemerkte ich, dass ich mit der vorgeschriebenen Diät nur schwer trainieren konnte – zumal ich auch gleichzeitig eine Lehre zu absolvieren hatte. Ich besuchte daher kurz nach der Diagnose einen Kurs zur funktionellen Insulin Therapie, damit ich mit Essen und Spritzen nicht mehr von der Zeit abhängig war. Besonders schön war, dass sich mein Freundeskreis rührend um mich kümmerte und mir das Gefühl gab, alles sei wie vorher.
Fühlen Sie sich durch Ihre Krankheit in Ihrem Sport eingeschränkt?
Absolut nicht! Manchmal ist es nur lästig, nur des Blutzuckerspiegels wegen essen zu müssen, obwohl man keinen Hunger hat.
Was ist für Sie das Wichtigste im alltäglichen Umgang mit Diabetes?
Je offener man mit seiner Erkrankung umgeht und je mehr Personen davon wissen, desto leichter kann einem im Ernstfall geholfen werden. Dabei ist es wichtig, dass es einem nicht peinlich ist in der Öffentlichkeit Blutzucker zu messen oder Insulin zu spritzen. Um gesund zu bleiben und Spätfolgen zu vermeiden, sollte sich jeder Diabetiker darüber im Klaren sein, dass er disziplinierter leben muss.
Dimo Wache ist 1973 geboren. Seine Karriere führte ihn bisher von Ovelgönne, Brake, Oldenburg über Leverkusen von Mönchengladbach nach Mainz. Mit seinem Team, für das er seit 10 Jahren im Tor steht, hat er es nach vier Anläufen 2004 geschafft, in die 1. Fußballbundesliga aufzusteigen. 1998 wurde seine Diabetes-Erkrankung festgestellt. Doch die Diagnose hat nicht das Ende seiner Torwart-Karriere bedeutet. Immer noch aktiver Sportler weiß er, wie wichtig kontinuierliche Bewegung für Diabetiker ist.
Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie Diabetiker sind?
Das war 1998. Plötzlich bekam ich die typischen Symptome. Hatte ständig Durst und habe unglaublich viel Gewicht verloren.
Wie bringen Sie Diabetes und Leistungssport in Einklang? Fühlen Sie sich manchmal eingeschränkt?
Nein, ich fühle mich nicht eingeschränkt Während eines Spiels ist es gar nicht möglich zu unterzuckern, da der Zuckerspiegel durch den hohen Adrenalinspiegel ansteigt. Beim Training ist die Gefahr schon größer. Aber mein Trainer hat dann immer eine Flasche mit Zuckerlösung für mich zur Hand. Jeder Diabetiker sollte wissen: Sport und Diabetes gehören einfach zusammen.
Was ist für Sie das Wichtigste im alltäglichen Umgang mit Diabetes?
Das regelmäßige Messen des Blutzuckers ist das `A und O`. Jeder Diabetes ist individuell unterschiedlich und man muss ich anpassen. Das bedeutet aber nicht, dass man asketisch leben und auf alles verzichten muss. Die heutigen Therapiemöglichkeiten sind so gut, dass man auch mal Cola trinken oder ein Stück Kuchen essen darf. Ich rate allen Diabetikern zu viel Bewegung.
Michael Hackert ist Spieler bei den Frankfurter Lions, dem Deutschen Meister 2004 in der Deutschen Eishockey Liga. Seit 2003 ist er Stürmer bei den Lions und einer der Top-Torschützen der Mannschaft. Wie jeder aktive Sportler trainiert Hackert fast täglich und achtet auf optimale Fitness. Seine Gesundheit ist ihm sehr wichtig, nicht nur des Sports wegen, denn seit drei Jahren hat Hackert Diabetes. Auch er spricht ganz offen über seine Erkrankung.
Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie Diabetiker sind?
Das war März 2001, mitten in der Saison. Damals hatte ich die – wie ich heute weiß – die typischen Symptome, habe innerhalb kurzer Zeit 10 Kilo an Gewicht verloren, hatte ständig Durst und war müde und erschöpft. Der Blutzuckertest brachte dann die Diagnose Diabetes.
Was haben Sie damals gedacht? War die Diagnose ein Schock?
Natürlich war das ein Schock für mich und ich hatte auch Angst um meine Karriere. Wegen meines damals extrem hohen Blutdrucks musste ich direkt ins Krankenhaus. In diesen ersten Tagen dachte ich, dass ich den Profisport an den Nagel hängen könnte. Zum Glück kam alles anders.
Wie haben Sie gelernt mit Diabetes zu leben?
Ich war fast drei Wochen im Krankenhaus. Langsam wurden meine Blutzuckerwerte besser und ich wurde leistungsfähiger. Ich besuchte Diabetes-Seminare, führte intensive Gespräche mit meinem Arzt und der Diabetesberaterin. Durch sie lernte ich, das ich zwar zukünftig viele Regeln einhalten werden müsse, aber durchaus mit der Kranken leben und Eishockey spielen kann.
Sie sind körperlichen Belastungen ausgesetzt. Fühlen Sie sich durch die Krankheit beeinträchtigt?
Es gibt immer wieder mal Situationen, in denen der Diabetes mir zu schaffen macht. Andererseits bedeutet nicht jede Erschöpfung bei oder nach dem Spiel, dass mein Blutzucker schlecht ist. Meistens ist es einfach nur die normale Anstrengung des Spiels. Wie auch in anderen Situationen, muss ich manchmal während des Trainings oder beim Spiel messen. Ich versuche einfach die regeln zu beachten, und dann ist es nicht schwer Diabetes und Sport unter einen Hut zu bringen.