Bei Kindern und Jugendlichen gehören Übergewicht und die Adipositas zu den zahlenmäßig häufigsten Gesundheitsstörungen. Bis vor wenigen Jahren wurde die pathologischen Gewichtsentwicklung in diesem Kollektiv noch wenig beachtet. Inzwischen hat sich dies grundlegend geändert, nicht zuletzt, weil die Kinder sich von Jahr zu Jahr weniger bewegen und sogenannte kinderfreundliche Lebensmittel zu viel Fett und noch mehr Zucker enthalten.
Heutzutage ist in Deutschland jedes fünfte Schulkind und jeder dritte Jugendliche übergewichtig, so die Angaben von Professor Martin Wabitsch von der Uniklinik Ulm. Auch scheint die Prävalenz der Adipositas relevant anzusteigen, so dass ein krankhaftes Übergewicht bereits bei bis zu acht Prozent der Kinder und Jugendlichen diagnostiziert wird. Auffallend ist es, dass die Kinder in Familien mit Migrationshintergrund deutlich übergewichtiger sind als die Kinder einheimischer Familien.
Dass aus übergewichtigen Kindern auch zu dicke Erwachsene werden steht außer Zweifel. Auf dem Weg zur Adipositas stellen sich Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes (Zuckerkrankheit), kardiovaskuläre Erkrankungen (Herzinfarkt und Schlaganfall), orthopädische Erkrankungen (Arthrose), Lungenerkrankungen (Schlafapnoe) sowie vermehrte Krebserkrankungen ein. Wenn die Zunahme der Übergewichtigen und Adipösen nicht nachhaltig gebremst wird, werden unübersehbare Kosten auf das Gesundheitssystem zukommen, die weder von der Politik noch von der Gesellschaft getragen werden können.
Die Ursachen des überdurchschnittlichen Anstiegs des Körpergewichts liegen nicht allein im falschen Essen und der zu geringen sportlichen Betätigung. An der komplex regulierten Balance des Körpergewichts sind auch genetische Faktoren beteiligt und Umweltfaktoren haben ebenso Einfluss auf das Geschehen. So können viele Menschen durch eine Nahrungsrestriktion relativ rasch einen Teil des Übergewichts abbauen, die verlorenen Pfunde sammeln sich aber bei der Rückkehr zur normalen Ernährung rasch wieder an.
Dieses Phänomen ist auch in unterschiedlichen Tierversuchen nachgewiesen. Verantwortlich dafür ist die komplexe Gegenregulation des Organismus bei Nahrungsmangel, der dann seinen Energieverbrauch entsprechend drosselt. Dadurch kommt es zu einer Gewichtsstabilisierung trotz geringerer Nahrungszufuhr.
Die Rückkehr zu den normalen Essgewohnheiten führt dann zu einer schnellen Zunahme des Körpergewichts. Nicht selten wiegt man am Ende eines solchen Zyklus, nach eingeschränkter Nahrungszufuhr und Rückkehr zur normalen Ernährung, mehr als das ursprüngliche Ausgangsgewicht.
Am besten sind die Umwelt- und Verhaltensfaktoren zu beeinflussen und daher zielt auch jede präventive Maßnahme auf deren Veränderung durch therapeutische Intervention ab. Aus diesem Grund wurden in Deutschland unterschiedliche Therapiestudien durchgeführt, in denen sowohl ambulante Angebote als auch stationäre Adipositas-Therapie-Strategien enthalten waren.
Kurzzeiterfolge sind für solche Maßnahmen durchaus zu verzeichnen, der Nachweis eines längerfristigen nachhaltigen Erfolgs steht allerdings bisher noch aus. Grundsätzlich sind alle diese Therapieangebote nicht einheitlich konzipiert, so dass die Erfolge der einzelnen Programme nur schwer miteinander verglichen werden können. Daraus leitet sich ab, dass in Deutschland kaum konkrete Aussagen und realisitische Zahlen vorliegen, die eine relevante und bewiesene Nachhaltigkeit der Adipositas-Programme über einen definierten Zeitraum und für eine definierte Gruppe zulassen.
Sicher lässt sich aus den publizierten Studien ableiten, dass die Ernährungsmodifikation, eine Verminderung der körperlichen Inaktivität und Steigerung der sportlichen Aktivität als effektive Methoden zur Gewichtsreduktion angesehen werden. Dazu muss aber der Übergewichtige hochmotiviert sein, damit er sein Verhalten verändert. Hilfreich ist die Unterstützung eines Therapeuten oder einer sozialen Gruppe, damit der Lebensstil langfristig geändert wird und zum nachhaltigen Erfolg bei der Gewichtsreduktion führt.