Die allergische Rhinitis (Heuschnupfen) hat in den letzten 10 Jahren in der Bundesrepublik deutlich zugenommen. Heute geht man davon aus, dass jeder dritte bis vierte Bundesbürger betroffen ist. Es ist eine typische Erkrankung der Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen und häufiger beim männlichen Geschlecht anzutreffen. Die Altersgruppe zwischen 10 und 25 Jahren ist mit einem Anteil bis zu 20 Prozent vertreten.
Es kann davon ausgegangen werden, dass unser Lebensstil dazu eine Menge beiträgt. Durch die Klimaerwärmung blühen allergenträchtige Frühblüher, wie Hasel, Erle und Birke, früher als noch vor 20 Jahren – und sie blühen länger. Außerdem besteht eine deutliche Zunahme des Straßenverkehrs, und zusammen mit den Abgasen werden die Pollen immer aggressiver für die Schleimhaut. So sind Birkenpollen, die an viel befahrenen Straßen gefunden werden, deutlich aggressiver und aktivieren ihr Hauptallergen, auf das der Mensch vor allem mit Erkrankungen im oberen Atembereich reagiert. Zusätzlich binden sich scharfkantige Rußpartikel an sie, die die Schleimhaut empfindlich verletzen.
Als Symptome der allergischen Rhinitis sind Reaktionen der Nase bekannt: Niesen, Juckreiz, gesteigerte Sekretion und Obstruktion (Verstopfung) – die typischen Merkmale einer Entzündung der Nasenschleimhaut, wie sie auch durch Viren (virale Rhinitis) verursacht werden. Die Kenntnis der wesentlichen Unterschiede ist deshalb von großer Bedeutung für die Diagnose und Therapie der allergischen Rhinitis.
Bei der allergischen Rhinitis handelt es sich um eine klassische IgE-vermittelte Soforttypreaktion. Sie entsteht durch den direkten Kontakt der Schleimhaut mit Inhalationsallergenen. Man unterscheidet innerhalb der allergischen Sofortreaktion 2 Phasen:
Für die gesteigerte Sekretion der Nasenschleimhaut sind im wesentlichen zwei Quellen bekannt: zum einen die Schleimhaut-Drüsen, die zu gesteigerter Produktion angeregt werden, und eine Flüssigkeitsausscheidung als Folge der Entzündungsreaktion durchlässig gewordenen Kapillaren.
Der Obstruktion (Verstopfung) der Nase liegt eine Zunahme des Füllzustandes der venösen Schleimhaut-Gefäße zugrunde, die einerseits nerval gesteuert ist, andererseits zu einem erheblichen Maß auf direkten Wirkungen von Entzündungsträgerstoffen auf die Gefäße beruht.
Nach Zeitpunkt des Auftretens und Dauer der Beschwerden unterscheidet man 2 Formen der allergischen Rhinitis: Die saisonale allergische Rhinitis, die üblicherweise durch Pollen windbestäubter Pflanzen hervorgerufen wird, und die perenniale allergische Rhinitis als Reaktion auf ganzjährig präsente Allergene, wie Schimmelpilze oder Hausstaubmilben.
Die typischen Beschwerden saisonaler Allergiker bestehen in Niesen, Juckreiz und Sekretion, die perenniale Allergiker in nasaler Obstruktion, trockener Nasenschleimhaut und Hyposmie.
Zu einer Beteiligung der Nasennebenhöhlen kann es sowohl im akuten als auch chronischen Krankheitsstadium kommen. Hierbei handelt es sich nach heutigem Wissen nicht um eine echt allergische Reaktion, sondern eine reflexvermittelte Mitreaktion.
Der Befund von Nasenpolypen ist, wie in mehreren Erhebungen gezeigt werden konnte, weder für akute noch für chronische Allergien typisch. Patienten mit Nasenpolypen sind nicht häufiger allergisch als die Gesamtbevölkerung. Allerdings ist eine Allergie ein ungünstiger prognostischer Faktor im Bezug auf Rezidivneigung der Nasenpolypen.
Zu den durch die chronische Behinderung der Nasenatmung verursachten Folgekrankheiten zählen :
Bei einen Viertel der Patienten ist im Laufe der Jahre mit einem sogenannten Etagenwechsel zu rechnen, d. h. mit dem Auftreten von Bronchitis, bronchialer Hyperreaktivität oder Asthma.
Typische Folgeerscheinungen bei Kindern mit chronisch-allergischer Rhinitis sind :
Neben den sekundären Folgekrankheiten gibt es eine Reihe typischer Begleiterkrankungen wie die pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie, die sich oft wenige Minuten nach dem Allergenkontakt als Schluckbeschwerden, Zungenbrennen, Kratzen und Juckreiz im Hals äußert. In schweren Fällen kann es zu bedrohlichen Ödemen der Rachenschleimhaut sowie generalisierten allergischen Symptomen (z. B. Rhinitis, Urticaria, Asthma) kommen. Weitere Begleitphänomene sind an der Haut (Schub einer Neurodermitis, Urticaria), dem Magen-Darmtrakt (Krämpfe, Diarrhoe) und an den Genitalien (Vulvovaginitis) bekannt.
Um eine Allergie herauszufinden, führt der Arzt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten. Die Rhinoskopie des Naseninneren ermöglicht nicht nur eine Differenzierung des Schleimhautbildes zwischen akuter und chronischer Rhinitis, sondern zeigt klinisch und therapeutisch relevante Veränderungen auf (Nasenscheidewandverbiegung, Muschelhyperplasie, Nasenpolypen). Häufig findet sich bei Allergikern eine quer über den Nasenrücken verlaufend Allergiefalte (sogenannter „allergischer Salut“) oder ekzematöser Hautveränderungen am Naseneingang.
Besteht der Verdacht einer Mitbeteiligung der Nasennebenhöhlen, ist eine bildgebende Diagnostik mittels Ultraschall, Computervolumentomographie, CT oder Kernspintomographie erforderlich.
Zur Bestätigung der allergischen Sensibilisierung erfolgt eine Hauttestung (Pricktest) gegen bestimmte Allergene bzw. ein Intrakutantest bei dem Verdacht auf eine perenniale Allergie. Bestehen nach der Hauttestung Unklarheiten, empfiehlt sich der nasale Provokationstest. Damit gelingt es, bei ganzjährigen Inhalationsallergenen Aktualität und klinische Relevanz zu beurteilen.
Die Behandlung der allergischen Rhinitis basiert auf vier Säulen:
Wichtig ist in erster Linie die Allergenkarenz. Sie setzt die umfangreiche Aufklärung des Patienten voraus, ist aber bei Pollenallergie nur bedingt durchführbar. Effektive Maßnahmen sind Urlaubsplanungen bei Pollenallergikern und Diätvorschriften bei assoziierter Nahrungsmittelallergie.
Ist die Allergenkarenz nicht möglich, kommen zur symptomatischen Therapie die klassischen Antiallergika Mastzellstabilisatoren, Antihistaminika und Kortison zur Anwendung. Ihr Einsatz richtet sich nach Art und Ausmaß der Beschwerden.
Bei bestimmten Sensibilisierungen – zum Beispiel auf Baumstrich, Gräser, Kräuter, Pollen und Hausstaubmilben – ist eine subkutane Hyposensibilisierung zu empfehlen. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn die Hyposensibilisierung sosaisonal über drei bis fünf Jahre durchgeführt wird.
Rhinochirurgische Maßnahmen kommen bei Allergikern dann in Betracht, wenn eine therapieresistente Behinderung der Nasenatmung vorliegt. Die operativen Eingriffe bestehen in der Verkleinerung der unteren Nasenmuscheln und in der Begradigung der Nasenscheidewand.
Hier bieten sich Verfahren an, die minimal invasiv sind und ambulant durchgeführt werden können:
Laserbehandlung der unteren Nasenmuscheln: Unter oberflächlicher Betäubung werden die unteren Nasenmuscheln mit einem Neodym-Yag-Laser verkleinert. Es kommt hierbei zu keinerlei Blutung im Bereich der Nase, weshalb auf eine Einlage von Nasentamponaden nach dem ambulanten Eingriff verzichtet werden kann. Innerhalb von wenigen Tagen zeigen sich Symptome wie ein massiver Schnupfen, der durch Nasentropfen gemildert werden kann. Es entstehen keine Schmerzen, und nach ein paar Tagen kann die gelaserte Schleimhaut abgesaugt werden. Insgesamt ist die Belüftung der Nase bei relativ gerader Nasenscheidewand deutlich verbessert und die Symptomatik der allergischen Rhinitis deutlich vermindert.
Conchosuction in örtlicher Betäubung oder Vollnarkose: Bei dieser neuen Methode, der sogenannte inferiore Turbinoplastik, werden unter der Schleimhaut liegende Schwellkörper abgesaugt.
Durch diese operativen Maßnahmen wird nicht nur die Nasenatmung verbessert, sondern auch eine Prophylaxe akuter oder chronischer Nasennebenhöhlenentzündungen erreicht.
Sind im Rahmen chronischer Schleimhautveränderungen die Nasennebenhöhlen bereits mitbetroffen, ist eine endonasale Nasennebenhöhlenoperation oft unumgänglich. Diese operative Eingriffe erfolgen unter Vollnarkose, und moderne Verfahren wie Laser oder Shaver werden angewendet, um die Komplikationsrate deutlich zu senken.
Liegt eine Pilzinfektion der Nasennebenhöhlen vor, und ist gleichzeitig eine allergische Sensibilisierung gegen die vorhandenen Pilze bekannt, muß prinzipiell chirurgisch vorgegangen werden.
Die Nachbehandlung besteht vor allem in der Gabe von lokalwirkendem bzw. systemischem Kortison. Ebenfalls erfolgreich gezeigt hat sich die Einlage von Capsaicin, einen Stoff der Chilischote, der über mehrere Wochen einmal wöchentlich unter Lokalanästhesie in der Nase eingelegt wird.