Mehr als 4 Millionen Bundesbürger leiden an Diabetes-Typ-2, Tendenz steigend. Folgeerkrankungen wie Nierenschäden, Sehverschlechterung oder Arteriosklerose mindern die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und verursachen hohe Kosten für das Gesundheitswesen.
Viele Diabetes-Patienten leiden auch an Depressionen. Bei etwa der Hälfte aller Diabetiker wird die Depression zunächst nicht erkannt7.
Diabetes (Zuckerkrankheit) ist eine erbliche chronische Stoffwechselkrankheit, die aufgrund einer unzureichenden Produktion oder fehlerhafter Verarbeitung des Hormons Insulin entsteht. Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und dient zur Regulierung des Blutzuckers. Insulin transportiert Zuckermoleküle (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen.
Beim Diabetes-Typ-1 produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder überhaupt kein Insulin. Das Hormon muss lebenslang täglich durch Injektionen zugeführt werden. An Diabetes-Typ-1 erkranken hauptsächlich junge Menschen. Nur 10 Prozent aller Diabetiker gehören zum Typ 1.
Mit Diabetes-Typ-2 bezeichnet die Medizin eine angeborene und/oder erworbene Insulinresistenz. Häufig entsteht die Krankheit infolge von Überernährung. Dadurch entstehen dauerhaft hohe Konzentrationen an Glukose im Blut, die auch den Insulinspiegel steigen lassen. Als Reaktion sinkt die Anzahl der Insulinrezeptoren auf den Körperzellen, die Zellen werden “insulinresistent”. Obwohl eigentlich ausreichend Insulin vorhanden ist, ist die vorhandene Menge nicht in der Lage, den Blutzuckerspiegel zu senken.
In der Folge arbeitet die Bauchspeicheldrüse auf Hochtouren und produziert immer mehr Insulin. Mit der Zeit erschöpft sich jedoch die Produktion durch die ständige Überbeanspruchung. Wird Diabetes-Typ-2 nicht behandelt, kommt es nach etwa zehn Jahren zu Insulinmangel. 80 bis 90 Prozent der Diabetiker gehören dem Diabetes-Typ-2 an. Wesentliche Risikofaktoren für die Entstehung von Diabetes-Typ-2 sind Fehlernährung, Überernährung, Bewegungsmangel und Stress.
Diabetes-Typ-2 wurde früher als “Alterszucker” bezeichnet, weil er meist erst ab dem 40sten Lebensjahr auftrat. Mittlerweile leiden aber auch viele Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer ungesunden Lebensweise an dieser Stoffwechselkrankheit.
“Alterszucker” ist keineswegs harmlos. Etwa 10 bis 15 Jahre nach der Diagnose treten bei vielen Patienten Folgeerkrankungen aufgrund von Blutgefäßschädigungen auf.
Die häufigsten sind:
Diabetes-Typ-2 entwickelt sich oft unbemerkt. Die Krankheit verursacht lange Zeit keinerlei Beschwerden und wird häufig erst diagnostiziert, wenn bereits Folgeschäden aufgetreten sind. Daher ist die Dunkelziffer bei dieser Krankheit sehr hoch.
Die Vorstufe des Diabetes-Typ-2 ist das metabolische Syndrom. Der Patient hat zwar noch keinen Diabetes, leidet jedoch bereits unter Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz und erhöhten Blutfettwerten.
Diabetes und Depression treten häufig gemeinsam auf (Komorbidität) und können sich gegenseitig verstärken.
Bei etwa der Hälfte aller Diabetiker wird die Depression nicht erkannt. Dies liegt zum einen daran, dass bei Diabetes die Blutzuckerkontrolle im Mittelpunkt steht, zum anderen können sich unspezifische körperliche Beschwerden der Depression mit den Symptomen eines metabolischen Syndroms oder Diabetes überschneiden7.
Im Vergleich zur durchschnittlichen Bevölkerung haben Diabetiker ein doppelt so hohes Risiko an Depressionen zu erkranken2.
Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, steigt zusätzlich mit der Anzahl der diabetischen Folgeerkrankungen5.
Sehr schwere, wiederkehrende Unterzuckerungen (Hypoglykämien) können das Risiko für die Entwicklung einer Depression ebenfalls erhöhen5.
Die meisten depressiven Menschen leiden an Hoffnungslosigkeit, Antriebsarmut und Interessenverlust. Diese Gemütslage erschwert depressiven Diabetikern den konstruktiven Umgang mit ihrer Krankheit erheblich. Sie vernachlässigen häufig die Blutzucker-Kontrollen, achten nicht ausreichend auf ihre Ernährung und bewegen sich zuwenig. Daher haben sie oft erhöhte Blutzuckerwerte (HbA1c-Werte) sowie eine verminderte Lebensqualität und Therapiezufriedenheit5.
Epidemiologische Studien belegen, dass Depressionen ein unabhängiger Risikofaktor sind, im Laufe der nächsten Jahre an einzelnen Komponenten des metabolischen Syndroms – Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes – zu erkranken3.
Depressionen können Stoffwechselstörungen verursachen. Bei vielen Patienten überwiegen fettakkumulierende Hormone wie Kortisol und Insulin gegenüber fettmobilisierenden Hormonen wie Testosteron und Wachstumshormon7. Daher findet man bei Depressionspatienten häufig erhöhte Insulinspiegel. Depressive erreichen nach einer standardisierten Testmahlzeit deutlich höhere Insulinkonzentrationen als gesunde Kontrollpersonen3.
Hoffnungslosigkeit, Antriebsarmut und Interessenverlust führen aber auch bei einem ansonsten zunächst gesunden depressiven Patienten häufig zur Vernachlässigung des Körpers, zu schlechter Ernährung, Bewegungsmangel und unkontrolliertem Konsum von Alkohol und Zigaretten. Diese Missachtung der Gesundheit trägt mit der Zeit zur Ausprägung eines metabolischen Syndroms oder Diabetes-Typ-2 bei.
Erfassung der Krankengeschichte (Anamnese)
Die Krankheitsgeschichte, gibt dem Arzt Hinweise zu den Lebensgewohnheiten des Patienten und entsprechende Möglichkeiten den Lebensstil zu ändern.
Körperliche Untersuchung
Durch eine gründliche Untersuchung des Körpers beurteilt der Arzt den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten beurteilen. Die Ermittlung des Gewichtes und die Bestimmung des Blutdruckes geben bereits Hinweise darauf, ob der Patient unter einem “metabolischen Syndrom” leidet.
Labormedizinische Untersuchungen
Bei Verdacht auf Diabetes mellitus geben labormedizinische Untersuchungen Aufschluss über den Blutzuckerspiegel.
Ein Glukosetoleranztest beginnt morgens nach zwölfstündiger Nüchternheit mit der Bestimmung des Blutzuckers. Danach werden 75 Gramm Glukose (Zucker) als Getränk verabreicht. Zwei Stunden später wird der Blutzucker erneut bestimmt. In der Zwischenzeit sollen die Betroffenen weder essen noch rauchen oder körperlich arbeiten.
Die früher übliche Harnzuckerbestimmung ist als Diagnosemethode zu ungenau. Mit dieser Methode ist Diabetes erst nachweisbar, wenn der Zuckergehalt im Blut bereits über 180 mg/dl angestiegen ist.
Als geeignetes Maß für die langfristige Stoffwechselkontrolle hat sich der HbA1c-Wert etabliert. Mit dem HbA1c-Wert kann der Arzt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 8 bis 10 Wochen ermitteln, unabhängig davon, ob die Werte in der Zwischenzeit stark angestiegen oder gesunken sind. Deswegen wird der HbA1c-Wert häufig auch als “Blutzuckerlangzeitgedächtnis” bezeichnet. Je besser der Blutzucker eingestellt ist, desto niedriger ist auch der HbA1c-Wert.
Bei gesunden Menschen liegt der HbA1c-Wert zwischen 4,5 und 6,5 Prozent, bei Patienten mit gut eingestelltem Diabetes zwischen 6,5 und 7,0 Prozent und bei schlecht eingestellten Diabetikern über 7,5 Prozent.
1 Medicine Worldwide: Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), www.m-ww.de
2 Ingrid Bollmann: Neues Fachthema: Depression und Diabetes mellitus, Deutsches Diabetes-Zentrum Düsseldorf, 03.04.2005
3 Christiane Limberg: Depression verdoppelt Herzrisiko, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V., Pressemitteilung, Informationsdienst Wissenschaft, www.idw.de , 03.04.2005´
4 Was begünstigt Diabetes bei Depressionen – Studienergebnisse sprechen für endokrine Ursachen, Ärzte Zeitung, 05.04.2004, www.depression-therapie-forschung.de
5 Psychische Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes, www.diabetes-deutschland.de
6 Macht Diabetes depressiv?, www.gesundheitpro.de, 12.12.2001
7 Ellen Jahn: Bei vielen Diabetikern sind Depressionen eine große Barriere für eine gute Blutzuckereinstellung, Ärzte Zeitung, 04.06.2004, www.aerztezeitung.de
8 Leitlinien “Psychosoziales und Diabetes”, Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), (ohne Jahresangabe)