Seit März/April 2005 steht in Deutschland mit dem Wirkstoff Atomoxetin eine völlig neue Behandlungsmöglichkeit der ADHS zur Verfügung. Das Medikament muss nur einmal täglich eingenommen werden und wirkt dann über den ganzen Tag bis zum nächsten Morgen auf die Kernsymptome der ADHS – Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Atomoxetin ist auch für Kinder und Jugendliche zugelassen und das bislang einzige Medikament zur Behandlung der ADHS, das nicht dem Betäubungsgesetz unterliegt. Der neue Wirkstoff ist ein hochselektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der im Gehirn die beiden Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin reguliert, die bei der Entstehung der ADHS eine zentrale Rolle spielen. Anders als bislang eingesetzte Medikamente wie Methylphenidat ist Atomoxetin kein Psychostimulanz und besitzt kein Abhängigkeitspotenzial. Die Wirksamkeit von Atomoxetin ist aber mit der von Metylphenidat vergleichbar. Da das neue Medikament über den ganzen Tag wirksam ist, werden die ADHS-Symptome nicht nur vormittags während der Schulzeit gebessert, sondern auch nachmittags beim Spielen mit Freunden und am Abend in der Familie bis hinein in die oft problematischen Morgenstunden. Atomoxetin eignet sich auch zur Langzeittherapie der ADHS. Nach Analysen von Studien, in denen Patienten das neue Medikament mindestens zwei Jahre lang eingenommen hatten, waren nach der Beurteilung der Eltern die Kernsymptome innerhalb der ersten drei Monate signifikant verbessert und auch nach 24 Monaten noch stabil. Zusätzlich zu den Kernsymptomen Unaufmerksamkeit, Impulsivität und motorische Unruhe bessern sich die sozialen Fähigkeiten des Kindes und in vielen Fällen auch die Symptome so genannter komorbider Störungen. Tics, Angststörungen oder oppositionelles Verhalten sind keine Kontraindikationen.
In Amerika, wo Atomoxetin seit zwei Jahren zur Behandlung der ADHS zugelassen ist, liegen bereits umfangreiche Erfahrungen aus der Praxis vor. Weltweit ist Atomoxetin bislang mehr als zwei Millionen Patienten verschrieben worden. Begeleitend zur medikamentösen Behandlung ist eine Verhaltenstherapie wichtig, um die sozialen Kompetenzen des Kindes zu fördern. Auf die häufig vorhandenen Lernstörungen kann in sonderpädagogischen Unterrichtssformen oder Spezialklassen eingegangen werden.