Hamburg. Eine Reihe ätiologisch unterschiedliche, spinale und supraspinale Schädigungen sind mit einer spastischen Einschränkung des Bewegungsapparates verbunden. Apoplexie, Multiple Sklerose und hypoxische Hirnschädigung gehören zu den verursachenden Entitäten.
Therapeutisches Ziel bei diesen Erkrankungen muss die Verbesserung der Beweglichkeit und die Reduzierung des Beschwerdebildes sein. Der Therapieplan ist entsprechend der Variationsbreite der zugrunde liegenden Pathophysiologie individuell zu erstellen, und ein multidisziplinäres Procedere ist unumgänglich. Die sowohl auf die Grunderkrankung als auch die Begleitsymptomatik ausgerichtete Behandlung verlangt nicht selten eine Polypharmakologie, und die Verabreichung unterschiedlicher Wirkstoffe ist mit dem Interaktionsrisiko und Verträglichkeitsproblemen verbunden.
Mit der Kombination von Tolperison mit anderen Muskelrelaxantien und gleichzeitiger Bewegungstherapie lässt sich der spastische Muskeltonus gut behandeln, und ein muskulärer Kraftzuwachs wird erreicht, wie eine aktuell ausgewertete Praxisstudie belegt (Ries S., Reifschneider G., (2008) Thieme Drug Report; 2:1-14, Tolperison in der Behandlung der neurologisch bedingten Spastik). Als Add-on-Therapie zu einem gleichzeitig verordneten Muskelrelaxans wurde die Wirksamkeit gesteigert, ohne dass Interaktionen registriert werden konnten. Dazu erhielten in einer achtwöchigen Behandlung am Neuro-Centrum Odenwald acht von 37 Patienten mit Spastik unter Baclofen, Tizanidin, Dantamacrin oder Tolperison die Substanzen in unterschiedlichen Kombinationen. In den ersten vier Wochen der Praxisstudie erhielten sie 150 mg Tolpersion 3 x tgl. ohne einleitende Titrationsphase. In der zweiten Hälfte der Studie wurde dies durch standardisierte Bewegungstherapie ergänzt.
Schon nach der vierwöchigen Behandlungsphase mit additiver Tolperisongabe zeigte sich ein klarer antispastischer Effekt, was anhand der modifizierten Ash-worth-Scala objektiviert werden konnte (Abb. 1). Nach acht Wochen betrug die Reduktion 2,0 Punkte für die unteren und 2,5 Punkte für die oberen Extremitäten, bei gleichzeitiger Steigerung der Beinkraft um durchschnittlich 97 Newton. Dies zeigt, dass die erhebliche Reduktion der Spastik mit einem deutlichen Kraftzuwachs korreliert, so die Autoren der Studie.