„Fünfmal am Tag“ – das Motto ist in der Diskussion
Die Empfehlung „Fünfmal am Tag“ eine Portion Obst oder Gemüse zu verzehren, um das Krebsrisiko zu senken, wankt. Eine vorliegende epidemiologische Studie erbrachte hinsichtlich der Krebsprävention ernüchternde Ergebnisse. Dennoch existieren für einzelne Nahrungsmittel wie Apfelsaft, Brokkoli und Hopfen durchaus erstzunehmende Hinweise auf eine krebshemmende Wirksamkeit.
Durch gesunde Lebensführung ließen sich nach Schätzungen rund 40 Prozent der Krebserkrankungen vermeiden. Wichtig ist der Verzicht auf das Rauchen, das Nutzen von Impfungen gegen Hepatitis B und HPV (humanes Papilloma Virus), ausreichende körperliche Bewegung und die Vermeidung von Übergewicht. Der Einfluss der Ernährung wurde aber bislang wohl überschätzt.
Die jüngsten Daten großer epidemiologischer Studien sind enttäuschend, einen klaren Zusammenhang zwischen Ernährung und Krebs belegen sie nicht. Damit kippt möglicherweise die Regel „Fünfmal am Tag“, nach Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Es wird eine ausgewogene, vollwertige Kost mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln empfohlen. Als vorteilhaft erachten Ernährungswissenschaftler dabei nach wie vor den weitgehenden Verzicht auf rotes Fleisch (Schwein, Rind, Lamm), Fleischprodukte und Wurstwaren.
Bestimmte Obst- oder Gemüsesorten enthalten offenbar Inhaltstoffe, die durchaus zur Chemoprävention einer Krebserkrankung genutzt werden können. Ein Beispiel sind Äpfel und Apfelsaft. Es gibt aus epidemiologischen Erhebungen Hinweise darauf, dass der häufige Verzehr von Äpfeln und Apfelsaft das Risiko der Entwicklung von Darmkrebs oder auch Lungenkrebs reduziert. Zugeschrieben wird diese Wirkung den Polyphenolen, die in Äpfeln und Apfelprodukten enthalten sind. Den höchsten Anteil an Polyphenolen haben frische Äpfel, wobei Mostäpfel offenbar besser sind als Tafeläpfel. Weniger Inhaltsstoffe sind in Apfelsaft enthalten. Dabei ist frisch gepresster Apfelsaft gehaltvoller ist als Saft aus Konzentrat und trüber Apfelsaft besser als klarer Saft, so die Wissenschaftler.
Auch im Hopfen wurden mit dem Xanthohumol sekundäre Inhaltstoffe nachgewiesen, die das Krebswachstum hemmen. Der Wirkstoff hat antioxidative Effekte und kann außerdem eine Apoptose induzieren, wodurch schädigende Zellen und möglicherweise auch Krebszellen quasi in den programmierten Zelltod getrieben werden.
Über die Nahrung lässt sich die notwendige Menge des Wirkstoffs aber nicht aufnehmen und auch das Biertrinken ist keine Alternative, da man täglich mehrere hundert Liter Bier zu sich nehmen müsste. Es wird deshalb daran gearbeitet, Xanthohumol, das oral nur schwer verfügbar ist, so aufzubereiten und zu entwickeln, dass es pharmakologisch zur Prävention und möglicherweise auch zur Therapie von Krebserkrankungen nutzbar wird.
Nicht bestätigt haben sich bei Untersuchungen am Heidelberger DKFZ die vermuteten krebsvorbeugenden Effekte von Brokkoli und anderen Kohlgemüsen. Vor allem den sogenannten Glucosinolaten, die im Brokkoli zu finden sind, wurde eine hemmende Wirkung auf das Prostatakarzinom zugeschrieben. Versuche bei Mäusen, denen die vermeintlich protektiven Wirkstoffe injiziert wurden, verliefen enttäuschend. Eine Tumorhemmung wurde leider nicht belegt. Es wurden aber sowohl zellwachstumsfördernde wie auch zellwachstumshemmende Signale nebeneinander beobachtet. Das belegt die Hypothese, dass ein Inhaltstoff alleine möglicherweise nicht ausreichend ist, um die Krebsentstehung zu hemmen, sondern dass es auf das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren ankommt.
Solange spezifische Wirkungen von Inhaltstoffen einzelner Obst- und Gemüsesorten nicht ausreichend erforscht sind und pharmakologische Zubereitungen nicht vorhanden sind, sollte auch weiterhin das Motto „Fünfmal am Tag“ beherzigt werden. Es führt dazu, dass die Bevölkerung sich gesünder ernährt und mehr Obst und Gemüse zu sich nimmt. Die so erreichte Sättigung reduziert den Verzehr tierischer Fette und damit auch Übergewicht und Adipositas. Dies könnte schon ein indirekter krebspräventiver Effekt sein, weil die Krebsgefahr mit jedem Kilo zuviel ansteigt. Das gilt vor allem für das Kolonkarzinom, bei dem die individuelle Gefährdung ab einem Body Mass Index (BMI) von 30 statistisch bereits doppelt so hoch ist wie bei einem BMI von 23.
Es gibt außerdem Studien, die einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Brustkrebs bei Frauen nach den Wechseljahren dokumentieren, während die Gefährdung bei jungen Frauen noch unklar ist. Eindeutiger sind die Daten für Gebärmutterkrebs, der ebenfalls durch Übergewicht begünstigt wird, ebenso wie eine Krebserkrankung der Niere und der Speiseröhre.