Hanf, lateinisch „Cannabis“ genannt, gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Seit Jahrtausenden wird die Hanfpflanze als Lieferant von Faser- und Ölprodukten geschätzt. Bereits im Jahre 2700 vor Christus wurde Cannabis nachweislich in China und auch in der Klostermedizin des Mittelalters medizinisch genutzt. Es wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts sogar teilweise als Allheilmittel angesehen und ersetzte als Schmerzmittel das teure Opium. Doch so heilsam seine Wirkung auch sein mag, besonders wegen seines psychedelischen Einflusses auf den menschlichen Körper galt es immer wieder in der Geschichte der Menschheit, seinen Konsum zu unterbinden. Bereits im Jahre 1911 tagte die allererste internationale Opiumkonferenz und plädierte für eine „drogenfreie Welt“. Vierzehn Jahre später wurde sogar ein weltweites Cannabisverbot vereinbart. Mit Aufkommen der Studentenbewegungen im Jahre 1971 fiel zunehmend ein neues Licht auf die seitdem heimlich kultivierte Hanfpflanze. Die Erkenntnis: Cannabis hat viele gute Wirkungen.
Cannabis ist eine Gattung der Hanfgewächse mit psychoaktiven Wirkstoffen. Die Hanfpflanze wird heutzutage üblicherweise in Form von Haschisch (Harz aus weiblicher Hanfpflanze) oder Marihuana (Blüten und Blütenständen mit anhängenden Blättern weiblicher Hanfpflanzen) als Rauschmittel konsumiert – in vielen Bereichen der Welt unter besonderen Auflagen auch als Medizin. Doch es gab Zeiten, da war der Zugang zu Cannabis kaum reglementiert – wie zum Beispiel in den Jahren 1842 bis 1900 in den Vereinigten Staaten als Marihuana noch die Hälfte aller verkauften Medikamente ausmachte. Und sogar in der politisch neutralen Schweiz gab es bis zum Jahr 1950 noch etwa 100 verschiedene Cannabis-Medikamente im Handel. Die Entwicklung synthetischer Arzneien und die Durchsetzung des weltweit vereinbarten Cannabis-Verbots stoppten den Boom der Pflanze. Das Ergebnis: Die Hanfpflanze bzw. daraus gewonnene Produkte zählen heutzutage laut dem deutschen Betäubungsmittelgesetz zu illegalen Suchtmitteln, deren Anbau, Besitz und Handel verboten sind und bei Zuwiderhandlung strafrechtlich verfolgt werden.
Die Wiederentdeckung der medizinischen Wirkung der Hanfpflanze begann erst im Jahre 1964 als der wichtigste Wirkstoff der Hanfpflanze, das THC, zum ersten Mal isoliert wurde. Die Forschung intensivierte sich – auch durch den nach und nach häufiger eintretenden Cannabis-Konsum bei der jüngeren Generation. Im Verlauf der Jahre entwickeln die Wissenschaftler zunehmend ein Bewusstsein dafür, welche medizinischen und therapeutischen Wirkungen die Hanfpflanze ermöglicht. Cannabis besteht aus insgesamt 545 Inhaltsstoffen, von denen insbesondere die Cannabinoide pharmazeutischen Wert haben. Zu den am meisten untersuchten Cannabinoiden gehören THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Diese erklären auch die zwei typischen Wirkrichtungen beim Cannabis-Konsum:
Das besondere an Cannabinoiden ist, dass sie über körpereigene Rezeptoren in den Organismus eingreifen und dessen Appetitgefühl, Bewegungssteuerung, Gedächtnisleistung, Immunsystem und Schmerzempfinden beeinflussen. Umstritten ist, ob der Wirkstoff THC tatsächlich in der Lage ist, das Wachstum von Krebszellen zu unterbinden. Im Reagenzglas tut es das jedenfalls bereits.
Cannabis findet bei einer ganzen Reihe von Beschwerden und Krankheiten Anwendung. Wenngleich die Wirkung bei Angst- und Schlafstörungen sowie Depressionen umstritten ist, so geben selbst Kritiker zu, dass Hanf-Konsum nachweislich bei chronischen Schmerzen und Spasmen helfe. Neben einer positiven Wirkung bei Arthritis, Migräne und Stoffwechselerkrankungen wird ihm auch ein positiver Einfluss bei Hautproblemen, Neurodermitis und typischen Symptomen von Asthma-, Epilepsie- und Tourette-Patienten nachgesagt. Insbesondere die antibakteriellen und neuroprotektiven Eigenschaften von CBD machen CBD-Cremes, stets frei von berauschenden Inhaltsstoffen, zu einzigartigen Hautpflegeprodukten. Hanfprodukte gibt es heutzutage jedoch unter anderem auch als Kapseln, Öle und Tees zu kaufen.
Der Anbau und die Nutzung von Cannabis ist in Deutschland immer noch streng reglementiert. Seit dem Jahre 2011 können sich Schwerkranke Cannabis-Medikamente vom Arzt verschreiben lassen – jedoch nur in begründeten Ausnahmefällen. Diese können dann einen Gramm Cannabis in der Apotheke für derzeit über 20 Euro erwerben. Dieser Preis lässt sich dadurch erklären, dass das Cannabis weitestgehend aus dem Ausland importiert werden muss und die Apotheken im Anschluss zusätzlich noch die Qualität der Blüten überprüfen und zerkleinern müssen. Schließlich gelten die nach Deutschland importierten Cannabisblüten zunächst als Rezepturausgangsstoff, aus dem die Apotheker dann ein Rezepturarzneimittel herstellen müssen. Aus diesem Grund werden nun verstärkt Hanfpflanzen auch in Deutschland hergestellt. Etwa 6,6 Tonnen Cannabis-Blüten sind bei der der deutschen Cannabisagentur für die kommenden drei Jahre ausgeschrieben. Ein Unternehmen in St. Leon-Rot in der Nähe von Heidelberg gibt an, dieses Jahr etwa 150 Kilo Cannabis im Monat verkaufen zu wollen. Und die Produktion in Deutschland hat gerade erst angefangen.
Wie kann es also sein, dass trotz dieser Erkenntnisse die internationale Rehabilitierung von Cannabis als Medizin noch ausbleibt und dass viele Deutsche noch gegen die medizinische Verwendung von Hanfpflanzen sind? Wahrscheinlich da mit dem Konsum von Cannabis oft auch Nebenwirkungen wie Benommenheit, Desorientierung, Schwindelgefühl und Übelkeit verbunden werden. Dies macht deutlich: Erstens fehlt es noch an Wissen über die genaue Interaktion aller Inhaltsstoffe von Cannabis innerhalb des menschlichen Körpers. Zweitens: Der Effekt von Cannabis-Konsum kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ausfallen. So neigen manche Menschen dazu, durch die Cannabis-Zufuhr Psychosen auszubilden. Es bleibt also abzuwarten, welche Erkenntnisse die Wissenschaft in den kommenden Jahren noch liefern wird. Eines steht jedoch fest: Die isolierten Inhaltsstoffe der Hanfpflanze können durchaus förderlich für die Gesundheit sein.