Angststörungen sind nicht nur für die Betroffenen belastend. Auch der Lebenspartner und die Familie sind durch die Ängste und das veränderte Verhalten der vertrauten Person mit Problemen konfrontiert und in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Nach der Giessener “Angehörigenstudie” aus dem Jahr 1999 ist die seelische Belastung für Angehörige psychisch Kranker doppelt so hoch wie die der Normalbevölkerung.
Einerseits besteht das Bedürfnis, zu helfen, andererseits sind die Angehörigen unsicher, wie sie sich richtig verhalten sollen. Geht ein Angehöriger stets auf die Wünsche und Vorstellungen seines Partners mit Agoraphobie oder sozialen Ängsten ein, ihn bei allen Erledigungen zu begleiten, wird der Betroffene in seinem ängstlichen Verhalten noch unterstützt. Weigert sich der Partner dagegen auf die Ängste des Betroffenen einzugehen und seine übertriebenen Sorgen zu teilen, riskiert er Spannungen und Streitigkeiten. Besonders bei langanhaltenden oder immer wieder kehrenden psychischen Problemen kann die Belastung der Angehörigen sehr groß werden.
Nicht selten geraten sie mit der Zeit selbst aus dem seelischen Gleichgewicht. In dieser Situation brauchen auch Angehörige Unterstützung und die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen auszutauschen, die ähnlichen Problemen begegnen oder Erfahrungen gemacht haben. Selbsthilfegruppen für Angehörige sind hierbei eine wichtige Anlaufstellen zum Erfahrungsaustausch und um neue Sicht- und Verhaltensweisen kennen zu lernen.
Verleugnung und Verdrängung
Eine Angststörung hat mehr oder weniger starke Auswirkungen auf das alltägliche Leben, für den Betroffenen selbst, wie auch für die nahen Angehörigen. Daher ist es verständlich, dass die Beteiligten die Probleme zunächst nicht wahrhaben wollen. Verdrängung und Bagatellisierung der Ängste sind typische Reaktionen von Angehörigen.
Betroffenheit und Mitleid
Hat ein Angehöriger erst einmal realisiert, das der Partner oder ein Familienmitglied an einer Angststörung leidet, sind die ersten Empfindungen meist Traurigkeit, Betroffenheit und Mitleid. Vielleicht hat sich der Alltag stark verändert, gemeinsame Unternehmungen kommen zu kurz und in Gedanken und Gesprächen überwiegen immer mehr die Sorgen und Ängste.
Hilflosigkeit und Angst
Wenn Angehörige das Gefühl haben, dass sich trotz ihrer Hilfeversuche und gut gemeintem Zuspruch die Ängste des Partners oder Familienmitglieds nicht beeinflussen lassen und der Betroffene die Hilfe vielleicht gar nicht annimmt, verlieren viele die Hoffnung auf eine Besserung der Situation. Hinzu kommen eigene Ängste und Sorgen um die gemeinsame Zukunft.
Enttäuschung, Wut und Schuldgefühle
Werden die Ratschläge und Hilfeversuche von Angehörigen oft nicht angenommen oder es entsteht der Eindruck, der Betroffene leugnet seine Probleme und versucht nicht alles, um seine Ängste zu verlieren, kann sich schnell ein Gefühl von Wut und Enttäuschung einstellen. Vielleicht mag man sich auch nicht permanent mit den Ängsten und Befürchtungen des Angehörigen auseinandersetzen und fühlt sich als Blitzableiter für dessen Sorgen missbraucht. Daraus kann wiederum das Schuldgefühl entstehen, zu wenig für die betroffene Person dazusein und zu wenig Verständnis aufzubringen.
Seelische und körperliche Erschöpfung
Die permanente Belastung durch die Angststörung eines Familienmitglieds kann für die Angehörigen schließlich so groß werden, dass sie selbst seelische und körperliche Erschöpfung empfinden. Der Körper reagiert dann mit Schlafstörungen, Magenbeschwerden, Herzstechen, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit. Spätestens dann wird es Zeit, auch an sich selbst zu denken und für sich selbst und seinen Angehörigen ärztliche oder psychologische Hilfe zu suchen.
Hilfe bei Panikstörung:
Leidet Ihr Angehöriger an einer reinen Panikstörung ohne Agoraphobie (Angst vor der Öffentlichkeit) sollten Sie übereinkommen, ihn hin und wieder sich selbst zu überlassen. Die Angst, ohne ihre Hilfe eine Panikattacke nicht überstehen zu können, wird ihn sonst immer weiter abhängig von Ihnen machen. Vereinbaren Sie mit dem Angehörigen, nur zu bestimmten Zeiten telefonisch erreichbar zu sein, um ihn zu unterstützen, selbstständig zurecht zu kommen.
Hilfe bei sozialer Phobie:
Schränken Sie Ihre sozialen Kontakte nicht ein, weil Ihr Angehöriger unter einer sozialen Phobie leidet. Nehmen Sie Einladung auch weiterhin wahr und sagen Sie Treffen mit anderen Menschen nicht wegen der Ängste Ihres Partners ab. Ermutigen Sie ihn immer wieder, an solchen Unternehmungen teilzunehmen, aber zwingen Sie ihn niemals dazu.
Hilfe bei generalisierten Angststörungen:
Wird Ihr Partner bzw. Angehörige von allgemeinen Ängsten geplagt, sprechen Sie mit Ihm darüber und vermitteln Sie im deutlich Ihre Meinung, aber vermeiden Sie, immer wieder die gleichen Antworten zu geben. Machen Sie ihm klar, dass ihn Ihre Sicht der Dinge offenbar nicht auf Dauer beruhigen und ihm Reden alleine nicht weiter hilft. Machen Sie sich klar, dass Sie nicht die Rolle eines Therapeuten übernehmen können und ermutigen Sie ihren Angehörigen dabei, sich Hilfe bei einem Arzt oder Psychotherapeuten zu suchen.