Stickstoffmonoxid spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung einer Erektion. Es aktiviert nämlich das Enzym Guanylatzyklase, wodurch zyklisches Guanylmonophosphat (cGMP) entsteht. Dieses cyclo GMP oder cGMP lässt die glatte Muskulatur der Schwellkörper und Blutgefäße des Penis erschlaffen. Das führt zu einem erhöhten Bluteinstrom.
Bei weiterer sexueller Stimulation führt die fortlaufende Bildung von weiterem cGMP zu einer immer stärkeren Erschlaffung und einem weiteren Blutzustrom, der schließlich zur kompletten Versteifung des Gliedes führt. Dabei werden die Venen, über die das Blut normalerweise aus dem Penis in den Körper zurückströmt, durch die erigierten Schwellkörper zusammengepresst, so dass unter der hohen Blutzufuhr und dem blockierten Blutrückfluss die Erektion bestehen bleibt.
Die Freisetzung von Stickstoffmonoxid erfolgt nach sexuellen Reizen über zwei Wege. Der eine Weg ist eine direkte Freisetzung aus spezifischen Nerven, der andere Weg erfolgt über die Endothelzellen. Das sind die Zellen, die die Gefäße im Inneren auskleiden
Beschädigungen der Endothelzellen, die zu endothelialen Dysfunktion führen, führen damit zu einer verminderte Synthese von Stickstoffmonoxid. Dadurch kommt es auch zu einer Einschränkung der physiologischen Abläufe, die zu einer Erektion führen.
Große epidemiologischen ED-Studien zeigten, dass die kardiovaskulären Risikofaktoren Diabetes mellitus, Nikotinkonsum und Hypertonie direkt mit einer erhöhten Inzidenz der erektilen Dysfunktion zusammenhängen. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass auch eine Hyperlipoproteinämie (erhöhte Blutfettwerte) eine ED hervorrufen bzw. verstärken kann. Dabei steigt die Rate an ED bei Männern, wenn diese sowohl ein erhöhtes Gesamtcholesterin, als auch zu niedriges protektives HDL-Cholesterin aufweisen.
Der Zusammenhang von kardiovaskulären Risikofaktoren mit der Entstehung einer ED erklärt somit auch, weshalb man bei Patienten mit bekannter koronarer Herzerkrankung vermehrt die erektilen Dysfunktion als Symptom einer generalisierten Gefäßschädigung findet.
Wenn nun der Zusammenhang zwischen ED und kardiovaskulären Risikofaktoren so offensichtlich ist, könnte man umgekehrt die erektile Dysfunktion als möglichen Indikator für das Auftreten und Vorhandensein von kardiovaskulären Risikofaktoren und Herzerkrankungen werten. Tatsächlich konnten verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Patienten, die aufgrund der Manifestation einer ED weitergehend diagnostiziert wurden, zu einem großen Teil auch an kardiovaskulären Erkrankungen leiden. So konnte bei solchen Männern eine bislang unentdeckten Hypertonie in 18-44 Prozent der Fälle nachgewiesen werden. Bei 16-23 Prozent wurde ein Diabetes mellitus und bei 5 Prozent eine bereits bestehende koronare Herzerkrankung diagnostiziert.
Ob und inwieweit die erektile Dysfunktion als Folge eines generalisierten atherosklerotischen Gefäßprozesses im zeitlichen Zusammenhang mit der Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung steht, war lange unklar. Daten zweier US-Studien mit fast 10 000 Männern brachten dazu neue Erkenntnisse. Diese Untersuchungen zeigten nämlich, dass die erektile Dysfunktion als ein Vorbote für kardiovaskuläre Erkrankungen zu betrachten ist.
Die Studienteilnehmer waren Teilnehmer einer großen amerikanischen Studie, die Daten zur Prävention des Prostatakrebses analysierten. Alle waren mindestens 55 Jahre alt. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren beobachtet. Mehr als 85 Prozent der Männer hatten zu Beginn der Studie keine kardiovaskuläre Erkrankung. Fast jeder zweite von allen litt zu diesem Zeitpunkt bereits an einer erektilen Dysfunktion (ED). Von den anderen entwickelten etwa 60 Prozent innerhalb von fünf Jahren eine ED. Die Analyse der Daten zeigte, dass Männer mit ED ein zweifach erhöhtes Risiko hatten kardiovaskulär zu erkranken, also etwa eine Angina pectoris, einen Myokardinfarkt, einen Schlaganfall oder eine vorübergehende ischämische Attacke zu bekommen.
Aufgrund dieser gewonnenen Daten empfehlen die US-Urologen, bei Männern mit ED nach den bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren zu fahnden und bei Bedarf gefäßschützende Maßnahmen einzuleiten.
Ähnliche Ergebnisse hat eine weitere US-Studie geliefert, in der der ED im Vergleich zu Hypertonie oder die Blutfettwerte sogar ein stärkerer Vorhersagewert für kardiale Erkrankungen zugeordnet wurde. An der Studie hatten 221 Männer teilgenommen, bei denen das Ausmaß einer kardiovaskulären Erkrankung bestimmt werden sollte. Zugleich wurden sie zu ihrer Sexualleben befragt. Jeder zweite von ihnen hatte eine ED. Diese Männer schnitten zudem bei ergometrischen Tests schlechter ab und hatten eine niedrigere linksventrikuläre Auswurffraktion (Zeichen einer Herzinsuffizienz) als die Männer ohne ED.
Die Assoziation der erektilen Dysfunktion mit kardiovaskulären Risikofaktoren führt zwangsläufig zur Frage, wie sicher therapeutische Maßnahmen, speziell mit Medikamenten sind. Dies gilt vor allem für die modernen Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE-5-Hemmer).
Die Phosphodiesterase-5, ein Enzym das eine zentrale Rolle bei der Erektion spielt, wird außer in den glatten Gefäßmuskelzellen des Corpus cavernosum auch in anderen gefäßregulierenden Zellen gebildet. Demzufolge kann die Einnahme von Arzneimitteln mit PDE-5-Hemmstoffen zu einer Vasodilatation des arteriellen und venösen Gefäßsystems führen, mit allen sich daraus ableitenden Konsequenzen. Dies sind z. B. Blutdrucksenkung, Veränderung der Blutversorgung des Herzens, Herzrhythmusstörungen etc.
Die Behandlung der ED mit PDE-5-Inhibitoren, so zeigen viele Untersuchungen, sind bei kardiovaskulären Erkrankungen sicher. Ein vermehrtes Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen konnte bislang nicht gezeigt werden.
Die Behandlung der erektilen Dysfunktion bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten sollte allerdings nach ganz bestimmten Regeln erfolgen.
Vor Beginn einer Therapie sollten diese Patienten kardial stabilisiert werden, um die Wahrscheinlichkeit von schweren kardiovaskulären Ereignissen zu minimieren.
Auf Grund der guten klinischen Wirksamkeit und des moderaten Nebenwirkungsspektrums stellen die Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE-5-Hemmer) heute den Standard dar. Sie können auch bei Patienten mit kardiovaskulären Risiken eingesetzt werden allerdings nicht, wenn diese nitratähnliche Medikamente einnehmen.
Mittlerweile gibt es sogar Untersuchungen, die zeigen, dass die Anwendung von PDE-5-Inhibitoren bei verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen, wie z.B. der Herzinsuffizienz oder der pulmonalen Hypertonie, positive Effekte haben könnte.