Die Fibromylagie gehört noch immer zu den rätselhaften Schmerzerkrankungen in der Medizin, von der immerhin fast vier Prozent der Bevölkerung, und zwar vorwiegend Frauen, betroffen sind. Es ist schwer für die Ärzte, die Ursache für die schmerzhaften Qualen zu finden, weil sich dafür keine körperlichen Ursachen finden. Dennoch klagen die Betroffenen über schwere Schmerzzustände der Muskulatur sowie der Gelenke und Knochen.
Rheumatische Beschwerden hinterlassen destruktive Spuren oder die Rheumamarker (positiver Rheumafaktor) findet sich in der Labordiagnostik. Die Schmerzen der Fibromyaligie-Patienten lassen sich an charakteristischen Stellen, den sogenannten Tenderpoints, auslösen. An diesen Punkten reagiert der Patient mit einer extremen Schmerzempfindlichkeit. Diese Punkte befinden sich an den Muskelansätzen, und wenn der Arzt an elf dieser typischen Punkte durch Druck Schmerzen auslösen kann, sind die Kriterien für die Diagnose gesichert.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Schmerzverarbeitung im Gehirn gestört sein kann, was einem zentralnervösen Geschehen entspricht. Andere Forscher vermuten, dass sich um die Nerven in der Peripherie ein Gebiet der Schmerzhemmung, der sogenannte antinozizeptive Wall befindet, dessen schmerzhemmende Funktion aufgehoben ist. Unabhängig davon, ob die Schmerzdämpfung herabgesetzt , oder ob die Schmerzschwelle zu niedrig ist, die Patienten leiden erheblich unter dieser Erkrankung.
In Begleitung der Fibromylagie treten nicht selten Schlafstörungen auf, so dass der Dauerschmerz und der nicht erholsame Schlaf zu einem Erschöpfungssyndrom führen. In der Folge kann sich eine Depression ausbilden, und die Lebensqualität der Betroffenen ist erheblich eingeschränkt. Auch das Immunsystem und die Darmfunktion sind aus dem Lot und es treten Durchfall und Verstopfung im Wechsel auf, die von unerklärlichen Bauchschmerzen begleitet werden. Dies diagnostiziert der Arzt als irritables Colon.
Es werden unterschiedliche Ursachen des Fibromyalgie-Syndroms diskutiert. So können eine dauerhafte psychische Überbelastung, genetische Einflüsse oder durch Infektionen hervorgerufene Irritationen des Immunsystems ursächlich in Frage kommen. Gesichert scheint die Tatsache zu sein, dass Fibromyalgie-Patienten in ihrer Jugend oft extremen psychischen Belastungen ausgesetzt waren. Kennzeichnende Persönlichkeitsmerkmale sind eine geringe Durchsetzungsfähigkeit und die Tendenz sich ständig zu überfordern. Es besteht ein Neigung zum Perfektionismus und ein zu geringes Selbstwertgefühl.
Weil keine körperlichen Veränderungen gefunden werden, ist die Therapie der Fibromyalgie schwierig. Vielen Patienten profitieren von einer Verhaltenstherapie, von Entspannungstraining und sportliche Aktivitäten.
Medikamentös werden Antidepressiva eingesetzt, weil man davon ausgeht, dass die Schmerzempfindung mit den neuronalen Transmittern Serotonin oder Noradrenalin zusammenhängen kann. Auch bei irritablem Colon werden die im Darm freigesetzten Serotonine therapeutisch beeinflusst, indem sogenannte 5HT-3-Rezeptor-Antagonisten verwendet werden.
Auch Substanzen, die gegen neuropathische Schmerzen wirksam sind, haben sich bei der Fibromylagie als erfolgreich erwiesen.
Bei unerklärlichen Schmerzen ohne eine adäquate körperliche Schädigung sollte immer an das Vorliegen einer Fibromylagie gedacht werden. Dies grenzt das Risiko ein, dass sich die Betroffenen durch einen enormen Schmerz- und Schlafmittelkonsum selbst Schaden zufügen, weil deren Nebenwirkungen bei einer Dauertherapie erheblich sein können.