Produziert die Schilddrüse zu viel Hormone, kann dies die Lebenszeit des Betroffenen verkürzen. Diese Folgen wurden in einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse nachgewiesen, von der besonders Männer jenseits des 60. Lebensjahres betroffen sein sollen. Selbst eine leichte Überfunktion (Hyperthyreose) der Schilddrüse, die von den meisten Ärzten als nicht behandlungswürdig angesehen wird, und die nur wenige oder gar keine Beschwerden macht, sollte nach den Ergebnissen der Auswertung ernster genommen und behandelt werden. Dazu empfiehlt sich der Besuch bei einem Endokrinologen, so der Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, Professor Helmut Schatz aus Bochum. Als Spezialist für Hormone und Stoffwechsel kann er beurteilen, ob und welcher Behandlung die Überfunktion der Schilddrüse zugeführt werden sollte.
Häufig ist die leichte Überfunktion der Schilddrüse ein Zufallsbefund im Rahmen einer Laboruntersuchung des Blutes. Dabei wird eine zu niedrige Konzentration des stimulierenden Hormons für die Produktion von Schilddrüsenhormonen festgestellt. Dieses in der Hirnanhangdrüse gebildete Thyrotropin (TSH) wird freigesetzt, um die Konzentration des Thyrosin (Schilddrüsenhormon) konstant zu halten, also immer wenn dieses Hormon absinkt. Bei einer Überfunktion der Schilddrüse befindet sich aber zuviel Thyrosin im Blut und die Hirnanhangdrüse drosselt die Stimulation durch Thyrotropin.
Vermehrte Schilddrüsenhormone erhöhen den Grundumsatz des Stoffwechsels und lassen die Herzfrequenz ansteigen, was im Laufe der Zeit mit einer Überbelastung des Herzens verbunden sein kann. Dadurch können sich mit zunehmendem Lebensalter Herzrhythmusstörungen einstellen, die auch an einem verstärkten Schlaganfallrisiko beteiligt sind. Dauerhaft zu hohe Stoffwechselumsätze entziehen den Knochen Mineralstoffe, so dass eine Osteoporose ebenfalls zu den Langzeitfolgen der Schilddrüsenüberfunktion gehört. Durch diese Folgerkrankungen ist nach den Ergebnissen der Metaanalyse die Lebenserwartung, besonders bei älteren Männern, um 41 Prozent reduziert.
Zur Zeit soll untersucht werden, ob die Therapie einer geringen Schilddrüsenüberfunktion zur Senkung der Herzrhythmusstörungen führt und die Lebenserwartung der Betroffenen zum Normalbereich reguliert. Auch leiden viele Hyperthyreotiker unter psychischen Beeinträchtigungen, die sich vor allem als Angststörung darstellen. Weil zentrale Regionen der Gefühlsregulierung im Gehirn direkt mit der Hormonproduktion der Schilddrüse in Verbindung stehen, treten bei jedem zweiten Mann mit Hyperthyreose auch Erektionsstörungen auf.
Entwicklet sich eine leichte Überfunktion zur manifesten Hyperthyreose, kommt es bei vielen Patienten zur Knotenbildung in der Schilddrüse oder zu einem Kropf. Dann stellt sich eine Autonomie der Schilddrüsenzellen ein, wodurch sie sich der Regulation durch die stimulierenden Hormone der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) entziehen.
Therapeutisch kann vielen Betroffenen mit Tabletten geholfen werden, sogenannten Thyreostatika, die eine Hemmung der Hormonproduktion durch die Zellen der Schilddrüse induzieren. Auch eine Radiojodtherapie oder bei ausgeprägter Knoten- oder Kropfbildung eine Schilddrüsenoperation können die Überproduktion der Hormone beseitigen.
Auf jeden Fall gehören Erkrankungen, die durch hormonelle Abweichungen verursacht werden, in die Hände eines Endokrinologen, der sowohl eine Überfunktion als auch eine Unterfunktion der Schilddrüse sicher diagonstiziert und die richtige Behandlung einleitet.