In Deutschland leidet jeder fünfte Mann an Ejaculatio Praecox. Der Mann erlebt den Samenerguss während des Geschlechtsverkehrs also zu früh, wodurch Liebesleben und auch Partnerschaft erheblich belastet werden. Der so entstehende Leidensdruck der Paare ist meist erheblich. Obwohl die Therapiemöglichkeiten in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht haben, sucht nur jeder zehnte Betroffene einen Arzt auf.
Prävalenz Ejaculatio Praecox
Die vorzeitige
Ejakulation ist die in Deutschland am häufigsten vorkommende männliche funktionelle Sexualstörung. Epidemiologischen Untersuchungen zufolge leiden global rund 20 bis 25 Prozent der Männer an einem vorzeitigen Samenerguss. Allerdings ist eine Angabe valider Prävalenzzahlen nur bedingt möglich, da dabei variable Faktoren wie die subjektive Betrachtung einer normalen Orgasmus-Dauer und kulturelle Begebenheiten eine entscheidende Rolle spielen.
Wann ist vorzeitig?
Dass es hin und wieder zu einem zu frühen Höhepunkt kommt ist völlig normal und begründet noch keinen Anhalt für eine sexuelle Störung. Problematisch wird es erst, wenn der vorzeitige
Samenerguss regelmäßig und für einen längeren Zeitraum auftritt. Dabei stellt sich in
diagnostischer Hinsicht die Frage, was konkret unter “vorzeitig” zu verstehen ist. Studien und Befragungen von betroffenen Paaren haben gezeigt, dass die Vorstellungen, wann ein Orgasmus zu früh ist, sehr unterschiedlich sind.
Urologen der Universität Köln haben diesbezüglich im Jahr 2001 eine Studie durchgeführt, die interessante Ergebnisse lieferte. An der Studie waren sowohl gesunde Teilnehmer mit einem zufriedenstellenden Sexualleben, als auch Männer mit vorzeitiger Ejakulation beteiligt. Das Ergebnis war überraschend, denn im direkten Vergleich betrug die
Differenz der Dauer der Geschlechtsakte nur wenige Sekunden. So lag die ermittelte Dauer des Geschlechtsverkehrs bei den gesunden Männern bei durchschnittlich drei Minuten und eine Sekunde, während die anderen auf zwei Minuten und 31 Sekunden kamen.
Entscheidend ist die Ejakulationslatenzzeit
Bei einer anderen größer angelegten Studie mit 491 Paaren aus fünf Nationen (Waldinger im Jahr 2005) konnte sogar eine durchschnittliche Ejakulationszeit von 5,4 Minuten errechnet werden. Dennoch kann hier der Mittelwert nicht als Maßstab für eine Definition des Bergriffs “vorzeitig” herangezogen werden, da die Dauer des Geschlechtsverkehrs in der Regel nichts über die sexuelle Befriedigung der Paare aussagt. Zudem muss bei der
Diagnostik die Mehrdimensionalität der Sexualität berücksichtigt werden. Daher ist vielmehr, die sogenannte
intervaginale Ejakulationslatenzzeit (IELT) diagnostisch von Bedeutung.
Mit intervaginaler Ejakulationslatenzzeit ist die Zeitspanne gemeint, die zwischen der Penetration
und den Samenerguss liegt. Im Jahr 2008 hat ein Expertenteam der “International Society for Sexual Medicine ( ISSM) folgende Definition des Ejaculatio Praecox festgelegt. Demnach handelt es sich in klinischer Hinsicht um eine vorzeitige Ejakulation, wenn der Zeitpunkt bis zum Höhepunkt nach dem Einführen des Gliedes in die Scheide bei einer Minute oder darunter liegt und eine Kontrolle über
die Ejakulation nicht möglich ist.
Dabei wird zwischen einem primären (lebenslang vorhandenen)
und sekundären ( erworbenen) Ejaculatio Praecox unterschieden.
Während bei dem primären vorzeitigen Samenerguss die funktionale Sexualstörung schon seit Beginn der sexuellen Aktivitäten existent ist, hat es bei der sekundären Variante des Ejaculatio Praecox
vor der Störung ein befriedigendes Sexualleben gegeben. Für die Therapie der sexuellen Dysfunktion ist die Unterscheidung wichtig, da nur so der Arzt entsprechende Maßnahmen finden und einleiten kann.
Kasuistik und Therapie
Früher wurden die Gründe für einen vorzeitigen Samenerguss fast ausschließlich im psychischen Bereich gesucht. Heute geht die medizinisch wissenschaftliche Forschung berechtigter Weise davon aus, dass auch organische und neurobiologische Faktoren einen vorzeitigen Samenerguss auslösen können. So kann eine entzündete
Prostata oder Harnröhre durchaus eine sexuelle Dysfunktion zur Folge haben.
Allerdings sind körperlich bedingte Störungen eher die Ausnahme. Daher liefern körperliche sowie laborchemische Untersuchungen meist keine verwertbaren Ergebnisse. Um den richtigen Auslöser für den frühzeitigen Samenerguss zu finden ist die Anamnese von großer Bedeutung. Dabei ist es besonders wichtig, dass der Partner beziehungsweise die Partnerin an dem Arztgespräch teilnehmen, damit beide ihre Sichtweise bezüglich der frühzeitigen Ejakulation schildern können.
Therapeutische Ansätze
Es gibt heute mehrere
Möglichkeiten den Ejaculatio Praecox zu therapieren. So sind sexuelle Stimulationstechniken wie die Start-Stopp-Technik oder Squeeze-Technik meist ein guter Therapieansatz. Aber auch mit lokal betäubenden Cremes und Medikamenten wie dem Antidepressivum Dapoxetin ist es gelungen die Ejakulationszeit um bis zu 5 Minuten hinauszuzögern. Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist jedoch zu erst der Weg zum Arzt.