Eine besondere Herausforderung für die Gesundheitsversorgung liegt in den zunehmenden psychischen Erkrankungen, eine Situation, die sich nicht zuletzt mit dem demografischen Wandel stetig verschärft. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde fordert die Gesundheitspolitik und Selbstverwaltung zu größtmöglicher Anstrengung für sektorenübergreifende, strukturierte Versorgungsangebote und präventive Maßnahmen auf.
Bereits heute zeichnet sich eine unzureichende Versorgung von demenziell erkrankten Menschen ab, die aufgrund des demografischen Wandels mit steigender Lebenserwartung immer mehr Betroffene aufweisen wird. Der besondere Behandlungsbedarf dieses Kollektivs ist in den Leitlinien abgebildet, aber nur ein Bruchteil der Dementen werde leitliniengerecht behandelt.
Es fehlen häufig die diagnostischen Verfahren der Bildgebung, und ein Großteil der Neuerkrankungen bleibt lange Zeit nicht diagnostiziert. Dies spiegelt sich wider in der therapeutischen Anwendung vieler unspezifisch wirksamer Medikamente mit ausgeprägtem Nebenwirkungsprofil, wie etwa die Verordnung von Neuroleptika. Nur in 57 Prozent der Fälle ist ein Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie oder ein Nervenarzt in die Behandlung involviert. Auch bleiben zuviel gleichzeitig bestehende somatische Erkrankungen unerkannt und unbehandelt.
Mit der zunehmenden psychosozialen Belastung und hohen Arbeitsverdichtung der jüngeren Generation im Berufsleben steigen auch hier die Risiken für eine psychische Erkrankung, mit der Folge eine Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit. Diese Situation erfordert unbedingt präventive Konzepte, und die alarmierenden Versorgungsengpässe müssen beseitigt werden, so die Experten auf dem diesjährigen Kongress der DGPPN in Berlin. Dass nur ein Drittel der Patienten mit schweren Depressionen eine leitliniengerechte Behandlung erfahren, ist für Professor Wolfgang Maier, diesjähriger Kongresspräsident, ein alarmierendes Zeichen.
„Gesundheitspolitik und Selbstverwaltung müssen heute handeln, damit wir psychisch erkrankte Menschen auch in Zukunft eine optimale Behandlung und Versorgung garantieren können“, so Maier. Er plädierte dafür, die Prävention, Behandlung und Rehabilitation so ineinandergreifen zu lassen, dass psychisch kranke Menschenfrühzeitig und ausreichend behandelt werden. So könne deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Es bedürfe dazu eindeutige Versorgungspfade mit gestuften Leistungsmodulen, für die es verbindlich festgelegte, sektorenübergreifende Kooperation der Leistungserbringer im ambulanten und stationären Bereich, sagte Maier.