Es gibt nahezu kein Medikament, das nicht potentiell eine allergische Reaktion auslösen kann. Solche Hinweise sind auf fast allen Beipackzetteln in der Rubrik „Nebenwirkungen“ zu finden. Im Körper erkennt das Immunsystem bestimmte Stoffe (Allergene) einer Arznei als „fremd“ und löst eine Abwehrreaktion mit Antikörperproduktion aus. Allergien beruhen gewissermaßen auf einer Fehleinschätzung des Körpers und einer Fehlregulation des Abwehrsystems. Der Heuschnupfen ist dann nämlich nichts anderes als eine Maßnahme zur sofortigen Entfernung der Pollen aus der Nase, damit sie dort nicht „anwachsen“.
Üblicherweise geschieht diese Reaktion bei Arzneimittel-Wirkstoffen nicht, aber es gibt immer wieder Ausnahmen. Daher besteht die Möglichkeit, dass jeder Mensch auf jedes Medikament irgendwann allergisch reagieren kann. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Darreichungsform das Medikament eingenommen wurde. Spritzen, Zäpfchen, Sprays oder Tabletten – alle kommen als mögliche Auslöser in Frage. Ungefähr jede vierte bis fünfte Nebenwirkung eines Arzneimittels kann auf eine allergische Reaktion zurückgeführt werden. Dabei sind die Reaktionstypen sehr unterschiedlich und können das ganze Spektrum einer Allergie abdecken. Die allergische Reaktion tritt nach der Einnahme des Medikaments, in der Regel wenige Tage (meist am 2. bis 3. oder 9. bis 18. Tag) nach der ersten Einnahme in Form von roten Flecken auf der Haut auf, oft in Verbindung mit starkem Juckreiz. Häufig beginnt der Ausschlag an den Armen und Beinen und weitet sich dann auf den Rumpf aus. Der Ausschlag kann feinfleckig wie bei Röteln oder großfleckig und zusammenfließend wie bei Masern sein. Nicht selten bilden sich Quaddeln. In der Folge stellen sich weitere allergische Beschwerden unterschiedlichster Art ein. Das Erscheinungsbild des Ausschlages lässt keinen Rückschluss auf die Ursache zu. Nur der zeitliche Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme lässt auf ein Arzneimittelexanthem schließen. Sobald das Allergie auslösende Medikament abgesetzt wird, bessert sich das Hautbild, und die Beschwerden lassen nach. Zu den typischen Erkrankungen, die durch Arzneimittelunverträglichkeiten ausgelöst werden können, gehören neben dem allergischen Schnupfen der Nesselausschlag (Urtikaria) und das Arzneimittelexanthem.
Bei den vielfältigen Reaktionen auf Arzneimittel muss zusätzlich zwischen „tatsächlichen“ allergischen Reaktionen und „Pseudoallergien“, d.h. UnverträgIichkeitsreaktionen (Intoleranzsyndrom) unterschieden werden. Bei dieser Form ist das Immunsystem nicht so stark beteiligt und es werden auch keine Antikörper gebildet. Pseudoallergien beruhen vielmehr auf einer Schwäche des Immunsystems. Körpereigene Immunzellen (so genannte Mastzellen) können bestimmte äußere Faktoren nicht ausreichend bekämpfen. Die Qualität dieser Mastzellen wird vererbt und ist von Mensch zu Mensch verschieden. Diese Tatsache erklärt zumindest zum Teil, warum bei manchen Menschen Pseudoallergien entstehen und bei anderen nicht.
Beispiele sind etwa die Sonnen-Allergie, oder die Schweiß-Allergie. Das Immunsystem reagiert hier nicht gegen die Sonne oder den Schweiß, sondern Sonne und Schweiß führen zu physikalischen Reizen, zum Beispiel zu Verdunstungskälte auf der Hautoberfläche oder der Verschiebung des Säuregehaltes der Haut (der Schweiß macht die Hautoberfläche sauer). Das Immunsystem kann die Reize nicht beseitigen, setzt aber Substanzen mit allergieähnlicher Wirkung (zum Beispiel Histamin und Leukotriene) frei. Erschwert wird die Diagnose einer Pseudoallergie oder Arzneimittelallergie, weil die meisten Patienten mehr als nur ein Medikament einnehmen. Allergietests verlaufen in vielen Fällen negativ (wegen der Vielfalt der auslösenden Möglichkeiten, wie Arznei-Hilfsstoffe oder Abbauprodukte im Körper). Bei jedem unklaren Hautausschlag oder bei Verdacht auf Arzneimittelexanthem sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen. Als Risikogruppe für Arzneimittelallergien können Menschen mit Virusinfektionen, Immunschwächen, Autoimmunerkrankungen und Tumoren angesehen werden. Ob Atopiker von Geburt an ein erhöhtes Risiko besitzen, wird derzeit kontrovers diskutiert und ist bisher nicht geklärt.
Auch Naturheilmittel sind nicht sicher. Viele pflanzliche Substanzen, die in Phytopharmaka verwendet werden, haben mögliche allergene Eigenschaften. Zu diesen Substanzen gehören z. B. die Rosskastanie oder die Kamille. Bei den synthetischen Medikamenten sind besonders diejenigen Präparate riskant, in deren Zubereitung Fremdeiweiß oder tierisches Gewebe enthalten sind. Die Liste gibt einen Überblick über Medikamentengruppen, die besonders häufig allergische Reaktionen auslösen. Denken Sie auch beim Zahnarztbesuch an die Vorlage des Allergiepasses.
Ein allergischer Elternteil verdoppelt das Allergie-Risiko des Kindes von etwa 15 Prozent auf ungefähr 30 Prozent, zwei allergische Elternteile auf zirka 60 Prozent. Die Entwicklung einer Allergie kann nicht immer verhindert werden. Es gibt jedoch Möglichkeiten, das Auftreten einer Allergie zu vermeiden. Eine Stärkung des Abwehrsystems bei Erwachsenen und gezielter Einsatz von Babynahrung können hier hilfreich sein. 25 bis 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen entwickeln in Deutschland eine Allergie. Besteht eine familiäre Belastung, das heißt, in der Familie gibt es schon Allergiker, so steigt die Rate sogar auf 60 bis 80 Prozent.
Der beste Allergieschutz ist Muttermilch. Stillen Sie Ihr Baby über sechs Monate, so geben Sie ihm den optimalen Schutz.
Bei jedem unklaren Hautausschlag oder bei Verdacht auf Arzneimittelexanthem sollten Sie mit Ihrem Kind unbedingt einen Arzt aufsuchen. Es ist häufig schwierig, eine Arzneimittelunverträglichkeit von Ausschlägen zu unterscheiden, die z. B. durch Masern, Scharlach oder Röteln hervorgerufen wurden.
Wie kann das erneute Auftreten einer allergischen Reaktion verringert werden?