Zu den folgenschwersten Problemen des Gesundheitssystems gehören Übergewicht und Adipositas, weil mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland die obere Grenze des Normalgewichts schon deutlich überschritten hat. Je nach untersuchter Altersgruppe beträgt der Anteil der bereits adipösen Menschen (BMI > 30) zwischen 20 und 30 Prozent, und insgesamt werden vom Gesundheitsbudget nahezu acht Prozent aller Kosten für die Adipositas und deren Folgeerkrankungen aufgewendet.
Die Zahl der Diabetiker nimmt konstant zu, und eine Vielzahl Begleiterkrankungen können durch das vermehrte Fettgewebe der Adipositas getriggert werden.
Mit einer Störung des Kohlenhydratstoffwechsels entwickeln die Betroffenen eine Insulinresistenz, die Glukosetoleranz ist gestört und es stellt sich ein Diabetes mellitus ein.
Metabolische Stoffwechselstörungen spiegeln sich aber auch in einer Hyperlipidämie oder einer Hyperurikämie wider. Die chronische Entzündung verursacht Stress für die Gefäßwände und die Compliance (Anpassungsfähigkeit) der Arterien für aktuelle Belastungen geht verloren.
Bluthochdruck und die Bildung von Plaques an den Gefäßwänden sind die Veränderungen, die einer koronaren Herzkrankheit oder einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) den Weg bereiten.
Die vermehrten Fettzellen der Adipösen produzieren Hormone und Botenstoffe, die Entzündungszellen auf den Plan rufen und den Organismus mit einer chronischen Entzündungssituation belasten. Darin kann eine mögliche Ursache für das vermehrte Auftreten von Karzinomerkrankungen im Kollektiv der Übergewichtigen und Adipösen liegen.
Bei Frauen im gebärfähigen Alter wird der monatliche Hormonzyklus gestört und besonders die adipösen Frauen finden sich in der Fertilitätssprechstunde, weil sich ihr Kinderwunsch nicht erfüllt. Verantwortlich dafür sind hormonelle Störungen mit einer Verschiebung des Gleichgewichts derjenigen Hormone, die für einen geregelten Eisprung und die Schwangerschaft erforderlich sind. Bei übergewichtigen Frauen wird überzufällig häufig das Syndrom der polyzystischen Ovarien diagnostiziert.
Komplikationen der Atmung sind im Kollektiv der Übergewichtigen und Adipösen sehr häufig, weil die chronische Entzündung auch in den Bronchien und der Lunge vorliegt. Das schwere Gewicht macht jeden Schritt mühsam und den Betroffenen kurzatmig. Atemstörungen in der Nacht sind als Schlafapnoe-Syndrom bekannt. Dabei fällt ein starkes Schnarchen auf, das immer wieder durch kurze Atemstillstände unterbrochen wird, nach denen der Schlafende extrem nach Luft ringt, um dann weiter zu schnarchen. Mit diesem Phänomen gerät der Organismus Nacht für Nacht wiederholt in Sauerstoffnot, die das Herz-Kreislaufsystem extrem belastet. Diese Schlaf-Apnoiker bilden ein Kollektiv mit hoher Gefährdung für Herzerkrankungen.
Der Magen-Darm-Trakt wird durch Übergewicht und große Mengen viszerales Fettgewebe (Bauchfett) belastet, und der Verzehr großer, fettreicher Mahlzeiten verursacht wohl das häufigste gastrointestinale Problem, nämlich Sodbrennen . Dabei fließt saurer Mageninhalt zurück in die Speiseröhre, deren Schleimhaut aber nicht über einen Säureschutz verfügt wie die Magenschleimhaut. Dadurch entstehen Läsionen im unteren Bereich der Speiseröhre, die Schleimhautzellen können sich verändern, aus der eine Tumorerkrankung entstehen kann.
Große Fettmassen im Bauchraum verursachen auch eine Überladung der Leber mit Fetten, aus der über kurz oder lang eine Nicht-alkoholische Fettleber entstehen kann. Ebenso wie die alkoholbedingte Leberverfettung kann sich daraus eine Leberzirrhose entwickeln.
Dass ein stark erhöhtes Körpergewicht auch das Stützorgan überlastet, ist leicht vorstellbar. Viele Adipöse klagen über Gelenkverschleiß (Arthrosen) und auch die Wirbelsäule ist den starken Belastungen oft nicht gewachsen. Die damit verbundenen Schmerzen (Rückenschmerzen, Gelenkarthrosen) führen zu mangelnder Beweglichkeit, so dass Übergewichtige und Adipöse mit Schmerzen des Stützapparates fast nur noch sitzend oder liegend angetroffen werden. Ein Körper, der sich nicht bewegt, kann die mit der Nahrung aufgenommene Energie nur ungenügend abbauen, es bleibt immer ein Energieüberschuss bestehen, der das Übergewicht verstärkt.
Es werden immer mehr Erkrankungen gefunden, die regelmäßig mit einem Übergewicht oder einer Adipositas assoziiert sind. Schuld daran ist wahrscheinlich die chronische Entzündung, die sich auch bei den anderen Erkrankungen nachweisen lässt und der kleinste gemeinsame Nenner der meisten mit Adipositas assoziierten Symptome sein könnte. Nachgewiesen ist dies z.B. bei psychosozialen Symptomen, die als Depression und Angststörung in diesem Kollektiv viermal häufiger angetroffen werden als bei Normalgewichtigen.
Auch die Schuppenflechte (Psoriasis) ist eine der Erkrankungen, die mit einer chronischen Entzündung zusammenhängt, und in ersten Untersuchungen ist nachgewiesen, dass solche Hauterscheinungen mit Entzündung, Schuppung und Rötung sehr häufig bei Übergewichtigen und Adipösen angetroffen wird.
Weil jede dieser Begleiterkrankungen mit einer rechtzeitigen Gewichtsreduktion wieder zum Normbereich gebracht werden kann, sind Übergewicht und Adipositas weit davon entfernt, ein kosmetisches Problem zu sein, sondern sie müssen als ernsthafte Erkrankung wahrgenommen werden, die nahezu den gesamten Organismus, inklusive der psychischen Gestimmtheit, beeinträchtigen kann.