Schon geringe anatomische oder physiologische Störungen können die Funktion des Bewegungsapparates stören und Schmerzen verursachen. Muskeln, Knochen und Knorpel sind harmonisch aufeinander abgestimmt, und funktionieren reibungslos und schmerzfrei. Dieses System ist Tag und Nacht in ständiger Bewegung.
Jedwede Störung in diesem System beeinträchtigt die Schlafqualität, die Alltagsaktivität und die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten. Damit sinkt auch die Lebensqualität und die schmerzhaften Behinderungen wirken sich negativ auf die Lebensqualität aus.
Wird eine solche akute Störung in den Bewegungssegmenten nicht behandelt, kann sich ein chronischer Schmerz ausbilden, der nicht nur als Dauerbelastung imponiert, sondern auch resistent gegen die Therapie sein kann.
In der bundesdeutschen Bevölkerung haben 40 Prozent bereits Erfahrungen mit Rückenschmerzen, 36 Prozent kennen die Problematik der Nackenschmerzen und bei 35 Prozent sind die Schultern durch den Schmerz in der freien Beweglichkeit behindert.
Die Schmerzentstehung wird von einer Gewebeläsion verursacht, der eine Verletzung oder ein anderes Trauma vorangegangen ist und auf die das Gewebe mit einer Entzündung reagiert. Dabei setzt die Zellmembran Phospholipide frei und Arachidonsäure wird über Cyclooxygenase (COX 1 und COX 2) verstoffwechselt und Prostaglandine freigesetzt. Diese sensibilisieren die Nervenendigungen sowohl in der Peripherie als auch im zentralen Nervensystem, die den Schmerzimpuls dann weiterleiten und im Gehirn als Schmerz identifizieren und interpretieren.
Der Schmerzimpuls kann aber im Rückenmark durch körpereigene Enkephaline und Endorphine abgeschwächt oder aufgehalten werden, so dass der empfundene Schmerz sich in Grenzen hält. Schmerzlimitierung ist eine aktive zentralnervöse Leistung bei akut auftretenden Schmerzen. Wird der akute Schmerz nicht richtig behandelt, kann daraus eine chronische Schmerzerkrankung werden mit veränderten biochemischen oder zentralnervösen Strukturen. Dies verursacht eine Überempfindlichkeit und eine Überreaktion der Schmerzempfindung, wobei auch angrenzende Segmente in die neuroplastischen Vorgänge einbezogen werden. Es ist diesem Krankheitsprozess eigen, dass der Schmerz sich verselbstständigt und auf Areale übergreift, die überhaupt nicht am eigentlichen Schmerzgeschehen beteiligt sind.
Chronische oder chronifizierte Schmerzen sind häufig und betreffen mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Vor allem der Rückenschmerz dominiert dieses Leiden, das auch als Fibromyalgie oder somatoformer Schmerz als Begleitung einer Depression auftreten kann. Weil damit die Lebens- und Schlafqualität erheblich eingeschränkt ist und eine psychische Komponente hinzukommt, berichten die Betroffenen oft von ständiger Müdigkeit und Erschöpfung, Fieber und Nachtschweiß können auftreten, aber auch Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sind Begleiterscheinungen eines chronifizierten Schmerzes.
Ob ein Schmerz als Folge einer akuten Verletzung auftritt und wirksam behandelt wird, oder ob man den Schmerz heldenhaft erträgt und sich eine chronische Schmerzerkrankung einstellt, hat der Betreffende vielfach selbst zu verantworten. Während der akute Schmerz meist direkt der auslösenden Ursache zugeordnet werden kann, geht man bei chronifiziertem Schmerz häufig den langen Marsch durch die Diagnostik. Ein Zusammenhang zwischen strukturellen oder anatomischen Veränderungen und dem Schmerz wird kaum mehr erkennbar, und alle Möglichkeiten der modernen Medizintechnik oder radiologischen Diagnostik werden ausgeschöpft, um dem Leiden auf den Grund zu gehen.
Es ist daher immer vorteilhaft, den akuten Schmerz zu behandeln als so lange zu warten, bis der Schmerz sich verselbstständigt, chronifiziert und dann kaum noch richtig zugeordnet, geschweige denn behandelt werden kann.