Je höher die Erythrozyten-Folatkonzentration einer Schwangeren ist, desto niedriger ist das Risiko für Neuralrohrdefekte oder Herzfehler bei Neugeborenen. Eine optimale Folatzufuhr zu Beginn der Schwangerschaft sollte 600 µg/Tag betragen. Um dies zu gewährleisten sollte die Folat-Supplementierung spätestens vier Wochen vor der Schwangerschaft beginnen, um die embryonalen Zellteilungsvorgänge wesentlich zu fördern.
Über die Nahrung zugeführte Folsäure liegt häufig unter 250 µg/Tag, so dass für Schwangere und Stillende ein beachtliches Defizit vorliegt. In den Vereinigten Staaten von Amerika, in Kanada und in 50 weiteren Ländern werden die Grundnahrungsmittel mit Folsäure angereichert, durch die eine Halbierung des Risikos für neurologische und kardiovaskuläre Fehlbildung registriert wird. In keinem europäischen Land wurde dieser wichtige Schritt nachvollzogen; in Deutschland wird sogar mit dem Alibi-Argument des Artikel 2 des Grundgesetzes argumentiert, dass „jeder Mensch das Recht auf individuelle Entfaltung und körperliche Unversehrtheit hat“, und damit die protektive Anreicherung von Lebensmitteln mit Folsäure verweigert. Die Konsequenzen der embryonalen Gefährdung werden von der Politik in Kauf genommen. Breite Aufklärungsaktionen erreichen zwar die Frauen im gebärfähigen Alter, werden aber oft nicht effizient umgesetzt für die embryonale Entwicklung während der ersten 28 Tage der Schwangerschaft, so der Ernährungswissenschaftler Professor Klaus Pietrzik aus Bonn. Seine Forschungsergebnisse zeigen, dass eine adäquate Aufsättigung der Erythrozyten eine Zeit von vier Wochen in Anspruch nimmt, so dass die Substitution spätestens vier Wochen vor Beginn der Schwangerschaft mit 400 µg Folat/Tag erfolgen sollte.
Den idealen Zeitpunkt für die Folatsubstitution bei Kinderwunsch definiert Professor Wolfgang Holzgreve aus Basel schon vor dem Absetzen der oralen Kontrazeption. Als häufigste perinatale Mortalität bezeichnet er die Frühgeburtlichkeit; 20 Prozent gehen auf das Konto angeborener Fehlbildungen, von denen viele durch Folatsubstitution zu verhindern wären.
Nach dem Konzept der sensiblen Entwicklungsperiode sind die ersten 28 Tage eine kritische Phase, während der das Neuralrohr geschlossen wird oder das Neugeborene mit dem manifesten Defekt geboren wird. Setzt die Folatversorgung mit Beginn der Schwangerschaft ein, fehlt der Schutz vor Neuralrohrdefekten in der sensiblen Phase der ersten 28 Tage. Nach vier Wochen ist ein Stady state mit angemessener Erythrozyten-Folatkonzentration erreicht.
Erstmals wird mit dem PLUS-Konzept von Bayer Schering diesem physiologischen Anspruch Rechnung getragen. Weil die meisten Frauen ein bis drei Monate nach Absetzen der Kontrazeption schwanger werden, liegen für die Schwangerschaft ausreichend hohe Folatspiegel vor, wenn Folat mit der Pille als Transporteur eingenommen wurde. Dies entspricht einer primären Prävention, so der Referent, der dadurch eine reale Chance sieht die zweithäufigste Ursache der Neugeborenen-Mortalität und Morbidität zu verhindern. Weltweit sind etwa 300.000 Neugeborene davon betroffen und in Deutschland beträgt die Prävalenz 6,7 auf 10.000 Geburten.
Die Ergebnisse einer randomisierten Studie (A.E. Czeizel et al./1994) zeigen bei 2.471 substituierten Schwangeren im Vergleich zu 2.391 unter Plazebo eine Reduktion der Neuralrohrdefekte von 6 Prozent, Defekte des Urogenitalsystems waren um 7 Prozent und solche des kardiovaskulären Systems um 10 Prozent reduziert bei Multivitaminapplikation.
„Die Pille mit Folat zu kombinieren macht Sinn und ist Primärprävention von embryonaler Missbildung, insbesondere von Neuralrohrdefekten“, konstatierte Holzgreve.
Ein nicht ausreichender mütterlicher Folatstatus in der perikonzeptionellen Phase hat beträchtliche persönliche und wirtschaftliche Konsequenzen, sagte Dr. Joachim Marr, Global Clinical Development Women´s Healtcare von Bayer Schering Pharma, der die Rationale des PLUS-Konzeptes vorstellte. Mit einer neuen Klasse oraler Kontrazeptiva, denen Folat zugesetzt ist, bestehen adäquate Folatspiegel bereits zu Beginn der Schwangerschaft. Die hohe Compliance und der regelmäßige Besuch beim Gynäkologen bei oraler Kontrazeption bietet den Ärzten eine einzigartige Gelegenheit, die Frauen über die Notwendigkeit einer Folat-Supplementierung zu informieren und deren rechtzeitigen Beginn in die Wege zu leiten. Die Anreicherung der oralen Kontrazeption mit Folat ist eine gezielte Maßnahme, von der die werdenden Mütter und deren Neugeborene am meisten profitieren.