Am 21. Februar 2008 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, dass die rasch wirkenden Insulinanaloga nunmehr auch bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen verordnet werden können – von wenigen unscharf definierten Ausnahmen abgesehen.
Wie üblich ging diesem Beschluss das formal korrekte Verfahren mit Auftragserteilung an das „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) voraus, dort folgte die Bewertung anhand selbst definierter Kriterien, und – oh Wunder – es gab kaum verwertbare Studien zum Thema. Aus einer Fülle von 1.293 Literaturstellen wurden am Ende 9 verwertet, und bei dieser strengen Auswahl ist der Nutzen eben nicht zu belegen….
Expertenerfahrung? Sind doch alle geschmiert. Patientenerfahrung? Muss man sich halt anhören. Zusatznutzen? Aber nein. Weshalb aber kommen NICE in England und CCOHTA in Kanada zum gegenteiligen Ergebnis? Sind Deutsche Diabetespatienten etwa anders? Nein, der Grund für diese Entscheidung ist einfach die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung und damit des IQWiG und des G-BA: eine Basisversorgung sicherzustellen, eben das „Notwendige“. Die Politik sollte hier aber auch den Mut haben, diese Tatsache klarzustellen. Es bekommt eben nicht mehr jeder das, was er braucht…
Die Leidtragenden dieser Entscheidung sind die Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1, die jetzt wieder mit Spritz-Ess-Abstand, exakter Kohlenhydratverteilung und Zwischenmahlzeiten jonglieren müssen. Mit Freunden in der Pause schnell etwas essen gehen? Für Jugendliche mit Typ 1 wieder ein Problem. Jetzt ist es eben wieder wie in den „guten, alten 80-iger Jahren“, so Prof. Pfohl aus Duisburg.
Nimmt es da noch Wunder, dass die Herren Lauterbach und Sawitzki in Diskussionen zu aktuellen medizinischen Problemen fast nur noch Anekdoten aus der Zeit ihres Medizinstudiums beitragen und allenfalls noch die ach so bösen Chefärzte anprangern? Das stammt wohl aus derselben Zeit…. Skurril aber ist es, dass die Protagonisten dieser klaren Rationierung von Gesundheitsleistungen dafür auch noch die evidence-based medicine vorschieben.
Es sei daran erinnert: Evidence based medicine im Sackett’schen Sinne berücksichtigt die best research evidence von Metaanalyse bis Expertenmeinung, die ärztliche Expertise des Behandlers und vor allem auch die individuellen Besonderheiten und Wünsche des Patienten. Aber davon kann man zumindest in der Deutschen Diabetologie nur noch träumen….