Daniel Schnelting ist einer der besten deutschen Sprinter. Was viele nicht wissen: Der 1,96 m große Sportler vom LAZ Rhede ist Diabetiker. Die chronische Stoffwechselerkrankung hält den mehrfachen Goldmedaillengewinner und Deutschen Meister nicht davon ab, Spitzenleistungen zu erbringen. Der Durchbruch gelang dem 23-Jährigen 2005 mit dem dritten Platz auf der 200m-Strecke bei der Deutschen Meisterschaft in Wattenscheid. Nur drei Wochen später wurde Daniel Schnelting zum zweifachen Goldmedaillengewinner in der Kategorien 200m- und 4×100m-Staffel bei der Junioren-Europameisterschaft in Kaunas. Außerdem holte der Leichtathlet bei der Deutschen Juniorenmeisterschaft in Braunschweig die Titel über 100m und 200m. Bei der Deutschen Meisterschaft 2006 in Ulm erreichte der Borkener den zweiten Platz. Er lief 200m in 20,96 sec. 2007 geht die Erfolgsgeschichte weiter: Bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt gewann der Sprinter den Titel in 20,88 sec. 2008 verteidigte Schnelting in Nürnberg seinen Meistertitel in 20,54 Sekunden.
Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie an Diabetes erkrankt sind?
Zunächst glaubten alle ich hätte eine Grippe, doch als ich immer weiter an Gewicht verlor und es mir nicht besser ging, kam ich ins Krankenhaus. Dort wurde dann Diabetes mellitus Typ 1 festgestellt. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich im Krankenhaus meinen 5. Geburtstag gefeiert habe.
Wie sind Sie zum Leistungssportler geworden?
Es hat sich bereits in der Grundschule bei den Bundesjugendspielen angedeutet, dass ich gut rennen kann. Mit 13 Jahren bin ich dann zur Leichtathletik gekommen, die ersten größeren Erfolge hatte ich ab meinem 17. Lebensjahr.
Wie bringen Sie Diabetes und Leistungssport in Einklang?
Dafür gibt es keine Betriebsanleitung. Wichtig ist es, auf seinen Körper zu hören und die Körpersignale richtig zu deuten. Die Blutzuckerwerte müssen optimal eingestellt sein, dann steht der Diabetes bei Spitzenleistungen nicht im Wege. Allerdings sollte man immer für den Notfall gerüstet sein und ein Notpaket (Traubenzucker, Säfte, Bananen, Schokoriegel und natürlich die Notfallspritze) bei sich haben. Außerdem muss das Umfeld informiert sein.
Durch den Sport erziele ich sogar eine bessere Blutzucker-Einstellung, da ich in dieser Zeit noch disziplinierter mit den Blutzuckerwerten und meinem Körper umgehe. Ohne eine gute Einstellung kann man keine Leistung bringen, das trifft nicht nur auf den Sport zu.
Was ist für Sie das Wichtigste im alltäglichen Umgang mit Diabetes?
Ich bin mit dem Diabetes groß geworden, es gehört daher für mich zum Alltag. Am wichtigsten ist für mich, dass die Blutzuckerwerte stimmen. Wenn das nicht gegeben ist, kann ich keine Leistung erzielen. Hinzu kommt, dass ich mich dann nicht wohl fühlen würde. Dies kann auf die Stimmung schlagen.
Seit diesem Jahr engagieren Sie sich bei „Wissen was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7“. Warum unterstützen Sie diese Diabetes-Aktion?
Diese Aktion gefällt mir, da sie die Bevölkerung über Diabetes aufklärt und Diabetikern die für sie wichtigsten Punkte verdeutlicht: Bei einem HbA1c unter 7 ist man gut eingestellt und in der Lage, ein „normales Leben“ ohne größere Einschnitte zu führen. Außerdem sinkt die Gefahr, Folgeerkrankungen wie einen Herzinfarkt zu erleiden.
Sie gehen sehr offen mit Ihrer Krankheit um. Wie wichtig ist es, dass auch das jeweilige Umfeld (z.B. Freunde oder Betreuer bei Sportveranstaltungen) darüber informiert ist?
Das ist sehr wichtig, da genau diese Personen im Notfall richtig handeln sollen. Ein Beispiel: Jedes Frühjahr geht es ins Trainingslager mit verschiedenen Athleten. Der Athlet, der sich zusammen mit mir das Zimmer teilt, bekommt immer eine kurze Einweisung was passieren könnte und wie er im Notfall handeln muss. Bisher musste aber keiner eingreifen.
Wer ist Ihr sportliches Idol?
Jeder Sportler der ohne verbotene Substanzen Höchstleistungen erzielt.
Was raten Sie einem Diabetiker, der erst kürzlich von seiner Diagnose erfahren hat?
Man sollte es so schnell wie möglich akzeptieren und „zusammen mit dem Diabetes leben“, man muss lernen damit umzugehen. Der Alltag, der vor der Diagnose herrschte, ist auch hinterher möglich, allerdings mit mehr Disziplin. Man muss auf seinen Körper hören, auch ich habe Tage, an denen es nicht so gut läuft – dann wird auch mal das Training verändert oder sogar abgebrochen.
Gesunde Ernährung ist für Sportler und Diabetiker besonders wichtig: Was ist Ihr Lieblingsgericht?
Es gibt viele Dinge die ich gerne esse: Shrimps oder Steak gehören zu den Favoriten. Jeden Morgen esse ich Haferflocken mit Milch, nicht weil ich es sollte, sondern weil ich es gerne mag. Zum Sport esse ich gerne Bananen.
Welche Tipps zum Thema Sport und Bewegung können Sie als Hochleistungssportler anderen Diabetikern geben?
Die Leistung steht nicht im Vordergrund, sondern die Gesundheit. Nach der Saison habe ich etwa einen Monat Pause, in der mein Körper entspannt. Danach fängt es auch bei mir mit Muskelkater und schweren Beinen an.
Wie bereiten Sie sich auf Wettkämpfe vor – wie verändert sich in dieser Zeit Ihre Medikation?
Die Insulinraten werden etwas reduziert, da der Körper durch die körperliche Belastung weniger Insulin benötigt. Bei Wettkämpfen kommen die Faktoren Stress und Adrenalin hinzu, welche leider nicht so einfach zu kalkulieren sind. Daher verwende ich an Wettkampftagen bis zu 15 Teststreifen um einen optimalen Blutzuckerwert zu erzielen.
Wie verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit, wenn Sie nicht gerade trainieren?
In der Freizeit verbringe ich gerne Zeit mit meiner Freundin und Freunden. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin, wird es allerdings auch meistens sportlich. Außerdem gehe ich gerne angeln. Neben dem Sport bin ich Student und schreibe Ende des Jahres meine Diplomarbeit.
Wodurch ist Ihr Wunsch entstanden, sich für die Diabetesaufklärung einzusetzen?
Ich denke, dass es vor allen für Kinder, Jugendliche und deren Eltern wichtig ist zu sehen, dass auch Diabetiker zu Höchstleistungen fähig sind. Man muss als Diabetiker nicht in „Watte gepackt“ werden. Mein Motto ist: Verträume nicht dein Leben, sondern lebe deine Träume.
Was hat Sport aus Ihrer Sicht mit Disziplin zu tun?
Als Sportler muss man Durchhaltevermögen besitzen, denn neben der Häufigkeit des Trainings kommen noch die Schmerzen der harten Trainingseinheiten hinzu. Außerdem geht es im Sport nicht immer aufwärts, man muss auch mit Rückschlägen und Verletzungen umgehen können.