Starke Stimmungsschwankungen, bei denen sich Phasen der Hochstimmung (Manie) mit Episoden tiefster Niedergeschlagenheit (Depression) abwechseln, werden als Bipolare Störungen bezeichnet. In Deutschland sind etwa 2 Millionen Menschen davon betroffenen, und bei den meisten liegt der Erkrankungsbeginn zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Bipolare Störungen finden sich bei Männern und Frauen in identischer Häufigkeit.
Treten bei den Betroffenen ein intensives Stimmungshoch und eine übersteigerte gute Laune, die rasch in gereizt-aggressive Reaktion umschlagen kann, ist eine manische Phase im Anmarsch. Auch wenn die Personen in dieser Zeit eine hohe Leistungsfähigkeit und ein starkes Selbstbewusstsein signalisieren, sind sie dennoch instabil, treffen oft verheerende Entscheidungen, neigen in ihrer Selbstüberschätzung zur finanziellen Transaktionen, die ihr Leben durchaus ruinieren können.
Einer solchen manischen Phase mit enormer Überaktivität folgt sehr häufig eine tief depressive Phase, in der diese Menschen in ängstlich zurückhaltender Stimmung sind und erheblich unter Schuldgefühlen leiden oder einen dramatischen Minderwertigkeitskomplex präsentieren. „Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt“ ist die Charakterisierung der Stimmungsschwankungen, die das gesamte Leben des Betroffenen begleiten können.
Die Todesrate ist in diesem Kollektiv bis zu dreimal höher als in der gesunden Normalbevölkerung, und dies ist darauf zurückzuführen, dass viele der an bipolaren Störungen Erkrankten an Selbstmord denken, ein Viertel der Betroffenen unternehmen sogar einen Selbstmordversuch, der bei 15-20 Prozent erfolgreich ist.
Depressive Phasen treten meist häufiger auf als die manische Hochstimmung, und insgesamt sind die Phasen ungemein unregelmäßig. Am meisten belastend sind die Zeiten der tiefen Schwermut, die auch deutlich länger anhalten können, als die manischen Zeiten. Auffallend ist, dass zwischen den einzelnen Phasen immer wieder Zeiträume liegen, in denen die Betroffenen völlig symptomfrei sind und ein normales Leben führen können.
Dies ist offensichtlich auch ein Grund dafür, dass die ärztliche Diagnose erst zu einem sehr späten Zeitpunkt gestellt wird, und meist 10 Jahre vergehen, bis die manisch-depressive Erkrankung bekannt wird. Zum Arzt gehen die bipolaren Patienten meist in den Phasen der Symptomfreiheit, so dass sich die Krankheitszeichen dem Therapeuten nicht präsentieren.
Auch ist die Ursache einer bipolaren Störung mit seiner großen Symptomvariabilität bis heute nicht eindeutig aufgeklärt. Belegt wurde allerdings in großen Untersuchungen, dass die Erkrankung mit Störungen des Gehirnstoffwechsels assoziiert ist. Demnach kommt es zu starken Schwankungen erhöhter oder reduzierter Aktivität von bestimmten Neurotransmittern, zu denen Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin gehören. Vermutet werden auch genetische Belastungsmuster, nach denen intensiv geforscht wird.
Die erheblichen Unterschiede und Ausprägungen der Symptome stellen hohe Ansprüche an die Kompetenz des Behandlers. In der Akuten Phase muss die affektive Störung behandelt werden, mit den Schwankungen zwischen Manie und Depression müssen immer wieder unterschiedliche Medikamente ins Auge gefasst werden und zur Langzeittherapie sollte eine Stabilisierung der Psyche angestrebt werden. So werden häufig stabilisierende Substanzen für die Stimmungsschwankung und antidepressive Substanzen für die Phasen der tiefen Bedrücktheit erforderlich. Besonders aufmerksam sollte der Arzt und der Patient beobachten, ob eine Medikation in rasch von einer manischen in eine depressive Stimmung bringt oder umgekehrt. Rasche Wechsel der Stimmung sind aber unbedingt zu vermeiden.