Mit der Entwicklung neuer Arzneimittel können chronisch entzündliche Darmerkrankungen deutlich besser behandelt werden als noch vor einigen Jahren. Es besteht heutzutage die Möglichkeit solche Entzündungen dauerhaft zu hemmen, und nicht mehr nur die Symptome zu lindern. Dies ist das Résumé von Professor Gerd Brandes von der Universität Bonn anlässlich der diesjährigen Pharmacon in Schladming.
Insgesamt leiden 350.000 Menschen in Deutschland an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, wie dem Morbus Crohn oder der Colitis ulcerosa. Es ist bedauernswert, dass die Erkrankung relativ häufig bei jungen Erwachsenen auftritt, die schon am Beginn ihrer Karriere dadurch ausgebremst werden. Wie sehr die chronische und in Schüben auftretende Entzündung der Darmschleimhaut den Menschen aus der Lebensbahn wirft und seine Lebensqualität massiv herabsetzt, ist kaum zu beschreiben. Nur durch eine absolute Therapietreue und regelmäßige Bekämpfung der entzündlichen Schädigung kann die Lebensqualität normalisiert werden. Daraus ergibt sich für die Patienten der beste Weg zum Erhalt der sozialen Integration, der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und letztendlich aus seiner Lebensfreude.
Für einen besseren Therapieerfolg spricht auch ein starkes Arzt-Patienten-Bündnis mit regelmäßiger Kommunikation. Ist die Therapie durch die Einhaltung der notwendigen Verordnung erfolgreich, erhöht sich die Patientenzufriedenheit und seine Lebensqualität.
Es haben sich seit vielen Jahren unterschiedliche Wirkstoffe zur Behandlung der chronischen Darmentzündung etabliert, die als eingenommen werden oder als Schaum und Zäpfchen lokale Wirksamkeit entfalten. Inzwischen konnten biologische Arzneistoffe entwickelt werden zur dauerhaften Vermeidung der rezidivierenden chronischen Erkrankung. Es handelt sich dabei um sogenannte Biologicals, die injiziert werden müssen, weil eine Tablettenform aus den Eiweißstoffen bisher noch nicht möglich ist. Diese Medikamente sollten gekühlt aufbewahrt werden, weil eine zu warme oder zu kalte Umgebungstemperatur die Eiweiße zerstört (denaturiert), wodurch sie ihre Aktivität und Wirksamkeit verlieren. Auch dürfen diese Eiweißstoffe vor der Injektion nicht geschüttelt werden, weil dabei ein stabiler Schaum entstehen kann, der orrekte korrekte Dosierung erschwert.
Professor Bendas erinnert an die gleichzeitige Ähnlichkeit und die relevanten Unterschiede der Erkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, deren Behandlung einem individualisierten Stufenschema folgen sollte. Das Therapieziel ist allerdings bei beiden Erkrankungen identisch: Einerseits müssen die akuten Beschwerden beseitigt werden, andererseits sollte das Wiederauftreten der akuten Erkrankung oder ein Rezidiv möglichst verhindert oder lange hinaus gezögert werden.
Bei akuten Symptomen treten oft heftige Schmerzen und Bauchkrämpfe auf, für die eine Behandlung mit rezeptfreien Arzneimittel wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS) nicht empfohlen wird, weil dadurch neue Schübe initiiert werden können. Paracetamol gehört zu den Substanzen, die im Allgemeinen besser von den Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen vertragen werden und ebenfalls als Selbstmedikation genutzt werden kann.
Es ist das Verdauungssystem, das bei diesen Erkrankungen erheblich betroffen ist, sodass auch mit der Ernährung zur Besserung beigetragen werden kann. Auch wenn spezielle Diäten nicht verfügbar sind, wird in akuten Entzündungsphasen meist hochkalorische Nahrung (meist Trinknahrung) empfohlen. Es ist vor allem darauf zu achten, dass ausreichende Konzentrationen wichtiger Mineralstoffe und Vitamine zugeführt werden, die bei der entzündlichen Veränderung des Darms nicht resorbiert werden können, oder mit den Blutungen in den Darm verlorengehen.
Verzichten sollten die Betroffenen auf ballaststoffreiche Lebensmittel, saures Obst wie Zitrusfrüchte oder blähende Kohlgemüse. Auch Alkoholgenuss kann die Entzündung fördern und sollte in akuten Phasen weggelassen werden.
Werden die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten optimal genutzt und von der Standardtherapie ausgehend die Medikation gesteigert oder angepasst, wenn die Erkrankung eskaliert, ist ein nahezu normales Leben für viele dieser Patienten erreichbar.