Jeder Erkältung therapeutisch oder präventiv mit Antibiotika zu Leibe zu rücken, ist eine Verschwendung von Arzneimitteln und ein Risiko für die immunologische Gesundheit. Erkältungen werden durch Viren verursacht und gegen diese Spezies kann ein Antibiotikum nichts ausrichten. Die regelmäßige Überflutung von menschlichen oder tierischen Organismen mit antibakteriellen Maßnahmen führt nur zur Gewöhnung der Bakterien an solche Substanzen, sie lernen damit zu leben und immer mehr bakteriell verursachte Erkrankungen sind einer effektiven Therapie mit Antibiotika nicht mehr zugänglich. Die Bakterien sind resistent geworden.
Eine Auswertung der Daten hat ergeben, dass aktuell jedes Jahr nahezu 55.000 Menschen an antibiotikaresistenten Erregern erkranken, die für mehr als 2.500 Patienten tödlich enden. Aufgrund dessen sieht die Bundesregierung eine Antibiotika-Resistenz-Strategie vor, die eine intensive Aufklärung der Bevölkerung zu Hygienemaßnahmen und umsichtige Verordnungen der Substanzen vor, und sie richtet appellierende Aufforderungen für die Entwicklung neuer Wirkstoffe an die pharmazeutische Industrie.
In einigen anderen Ländern wird die Phagentherapie erfolgreich eingesetzt, um schwere bakterielle Isnfektionen zu behandeln. Bei Phagen handelt es sich um Viren, die auf Bakterien spezialisiert sind. Finden Phagen ein passendes Bakterium, verbindet sie sich mit den Oberflächenrezeptoren und bringen ihr Erbgut in das Bakterium ein. Damit werden Bakterien zur Wirtszelle eines Phagen, im Inneren des Bakteriums startet die Vermehrung, bis der Krankheitserreger aufbricht und die neue Phagen-Generation in die Umgebung freisetzt. Diese neue Generation breitet sich aus und greift weitere krankmachenden Bakterien an, um diese zu zerstören. Dieser Prozess hält solange an, bis alle Bakterien ausgelöscht sind, und die Phagen keine Wirtszelle mehr finden.
Diese seit hundert Jahren bekannte Therapie gewinnt aufgrund der zunehmenden Antibiotikaresistenzen immer mehr an Bedeutung.
Die Vorteile der Phagentherapie sehen die behandelnden Ärzte im gezielten Angriff auf ein spezielles Bakterium. Dabei werden nützliche Bakterien geschont, etwa das Mikrobiom, welches wesentlich an der Stärkung der körpereigenen Immunabwehr beteiligt ist.
Regelmäßig angewendet werden Phagen bereits in Tiflis, der Hauptstadt von Georgien. Dort sind Phagenmedikamente in der Apotheke erhältlich. Bakterielle Infekte der Atem- oder Harnwege, Magen-Darm-Infektionen und Wundheilungsstörungen sind regelmäßig die Zielerreger der Phagentherapie.
Da diese Behandlung in Deutschland noch in weiter Ferne liegt, arbeiten die Wissenschaftler hierzulande in unterschiedlichen Forschungsprojekten, um Phagen als zugelassene Arzneimittel gegen bakterielle Infektionen zu etablieren. Dringend gebraucht wird die Entwicklung solcher mikrobiologischer Behandlungsstrategien im Kampf gegen multiresistente Erreger und lebensbedrohliche Antibiotikaresistenzen.