Jeder dritte Erwachsene erkrankt im Laufe seines Lebens an einer psychischen Störung, von denen etwa 30 Prozent chronisch verlaufen und einer Vielzahl krankheitsbedingter Einschränkungen führen.
Schon heute gehören psychische Erkrankungen zu den häufigsten Gründen für Krankschreibungen und Fehltage am Arbeitsplatz. Diese Belastung des Einzelnen und die hohe Kostenbelastung für das Gesundheitssystem könnte verbessert werden, wenn alle Möglichkeiten zur Vorbeugung, Bekämpfung und Heilung psychischer Erkrankungen genutzt würden, die bisher noch nicht ausreichend dem deutlich gestiegenen Bedarf entsprechen, so eine Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).
Zunehmend rückt die psychische Gesundheit aber in den Fokus der Öffentlichkeit, und die Betroffenen sprechen über ihre Erkrankungen, die damit verbundenen Einschränkungen und Schwierigkeiten sowie den Verlust an Lebensqualität.
Zu lange habe sich die Medizin vorwiegend um die somatischen Erkrankungen gekümmert, und die Forschung, Prävention und Versorgung der psychischen Gesundheit vernachlässigt. „Die psychische Gesundheit steht noch immer im Schatten der körperlichen Erkrankungen in unserer Politik und auch in der Gesellschaft“, stellt DGPPN-Präsident Professor Wolfgang Meier fest und fordert, dass die Bedürfnisse psychisch kranker Menschen stärker berücksichtigt würden. Er fordert die Politik auf entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um Prävention, Versorgung und Erforschung von psychischen Erkrankungen zu verbessern, die dazu führen, dass die enormen Belastungen für alle Beteiligten reduziert werden.
Der komplexe Bedarf an Hilfe bei schweren psychischen Störungen macht eine Klinikeinweisung oft unumgänglich, weil eine intensive therapeutische Intervention erforderlich ist. Eine Gefahr in psychiatrischen und psychotherapeutischen Kliniken ist die merkliche Eingrenzung der Therapieangebote bei hospitalisierten Pateinten, die in der Zukunft erwartet wird. Das führt zur deutlichen Leistungsverdichtung in den Kliniken, weil bei erhöhten Fallzahlen die Verweildauer reduziert wird. Verschärft werde die Situation, wenn – unabhängig vom Behandlungsbedarf – ein neues krankenhausbezogenes Entgeltsystem eingeführt würde, weil sich der Druck auf die Behandlungszeiten erhöht, wenn die Tagespauschalen in den Krankenhäusern trotz zunehmender Behandlungszeiten sinken sollen.
Aus Sicht der DGPPN muss jede stationäre Behandlung zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung am individuellen Bedarf ausgerichtet werden, und an diesem Ziel habe sich die Finanzierung zu orientieren. Selbst die Zentrale Ethikkommission der Bundesärztekammer hat gefordert, dass sich eine menschen- und grundrechtskonforme psychiatrische Behandlung daran orientiert den niedrigschwelligen Zugang zu psychiatrischer Versorgung zu garantieren. Die dazu erforderlichen Ressourcen müssen bereitgestellt, und die Mittelverteilung innerhalb des Gesundheitswesens verändert werden. Im ambulanten Bereich ist die Situation mehr als prekär, weil Menschen mit psychischen Erkrankungen oft monatelang auf einen Termin beim Facharzt warten müssen. Dies hängt sicher auch mit dem Abrechnungssystem in Quartalspauschalen zusammen, die den individuellen Bedarf an ärztlicher Leistung im Einzelfall unberücksichtigt lassen.
Es ist der DGPPN wichtig, dass die Vergütung der Fachärzte im ambulanten Bereich auf Einzelleistungsbasis erfolgt, damit sich der intensive Einsatz für die individuelle Problemsituation des psychisch Kranken lohnt, und eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Hausarzt, Facharzt, Psychotherapeut und Pflegekraft die Gesamtbehandlung verbessert.