Sowie der „Fall Contergan“ in den 50er und 60er bei Tausenden von Kindern schwere Missbildungen hervorgerufen hat, werden inzwischen mehr Kinder durch Alkohol als durch Medikamente, Nikotin und harte Drogen geschädigt.
Jährlich kommen etwa 500 bis 800 Kinder mit Fetalem Alkoholsyndrom zur Welt (FAS), 4000 bis 5000 mit leichteren fetalen Alkoholeffekten (FAE oder FAS Grad I-II). Dabei muss die Mutter nicht süchtig sein. Auch das Gewohnheitstrinken oder gelegentliches zuviel Trinken kann bereits Schäden verursachen. Bei ausgeprägtem Alkoholismus der Mutter sind 40 Prozent der Kinder schwer geschädigt.
Alkohol wird zu 90 Prozent in der Leber abgebaut. Er ist ein Giftstoff, der die Plazentaschranke (eine Membran, die die Kreisläufe von Mutter und Kind trennt) passieren kann, d.h. er gelangt direkt zum Embryo und schädigt Zellen und Organe.
Die kindlichen Organe werden angelegt. Körperliche Fehlbildungen erfolgen in dieser hochsensiblen Phase, weil die Zellteilung gestört wird. Es werden weniger Gehirnzellen gebildet.
Alkohol hemmt das Wachstum des Ungeborenen. Das Risiko für eine Fehlgeburt erhöht sich um das Zwei- bis Vierfache.
Das Ungeborene wächst jetzt noch einmal kräftig, vor allem sein Gehirn. Alkohol schädigt jetzt besonders schwer, weil er die Vernetzung der Gehirnzellen stört bzw. verhindert. Unvernetzte Gehirnzellen sterben ab, geistige Behinderungen sind die Folge.
Im Durchschnitt wiegen alkoholgeschädigte Kinder nur 2200 Gramm (gesunde Kinder: 3200 Gramm /Mädchen, 3400 Gramm Jungen). Die Babys von Alkoholikerinnen sind bei der Geburt schon süchtig und leiden unter Entzugserscheinungen, die lebensgefährlich für das Neugeborene sein können
Bei einem Drittel der Kinder sind Herz, Nieren und Gliedmaße missgebildet, Fehlbildungen der äußeren Geschlechtsorgane sind überdurchschnittlich häufig.
Auch äußerlich sieht man den Kleinen den Alkoholmissbrauch der Mutter an: Ein kleiner Kiefer und ein fliehendes Kinn, herabhängende Augenlieder und tief angesetzte Ohren sowie Auffälligkeiten an Armen und Beinen, z.B. die Verkürzung des kleinen Fingers sind charakteristisch.
Körperliche Schäden wie Herzfehler können operiert werden, Hirnschäden sind jedoch irreparabel. Intelligenz und Sprachentwicklung sind verzögert, verbessern sich aber im Laufe des Lebens. Trotzdem haben Kinder mit nur leicht fetalem Alkoholsyndrom später schulische Probleme und können in normalen Schulen meist nur in so genannten Integrationsklassen unterrichtet werden.
Sie lernen nur schwer lesen, verstehen oft gar nicht, was sie lesen oder wie die Zusammenhänge sind. Beim Rechnen fallen Textaufgaben, das Schätzen oder das Zurückgreifen auf früher Gelerntes schwer.
Die Kinder sind häufig zappelig (hyperaktiv) und leicht ablenkbar, auch bei Kindern von Müttern mit einem mittelgradigen, sozial noch nicht als Alkoholismus eingestuften Trinkverhalten. Sie zeigen Muskelschwäche und unkoordinierte Bewegungen. Nicht selten entwickeln sie ein Krampfleiden.
Es gibt keinen Grenzwert, unter dem Alkohol sicher nicht schädigend wirkt, Deshalb sollte während der Schwangerschaft darauf verzichtet werden, auch auf alkoholhaltige „Stärkungsmittel” und Medikamente.
Wirklicher Schutz des Ungeborenen ist nur möglich, wenn die werdende Mutter völlig abstinent lebt.
Alkoholabhängige Frauen sollten vor einer Schwangerschaft ihr Suchtproblem unbedingt behandeln lassen.
FAS/FAE ist die Behinderung eines Kindes, die hundertprozentig vermeidbar wäre.