Dass sich der deutsche Landwirtschaftsminister Schmidt mit belanglosen Zahlen seiner politischen Verantwortung entzieht, beklagt die Deutsche Diabetes Gesellschaft anhand des aktuellen Ernährungsreports 2018 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Dort wird eine Telefonumfrage mit 1000 Teilnehmern herangezogen als Basis des Reports, der besagt, dass gesundes Essen für 92 Prozent der Befragten wichtig sei.
„Diese Daten sind auf der Grundlage von Suggestivfragen entstanden und entsprechen nicht der Ernährungsrealität“, kritisiert Professor Dirk Müller Wieland als Präsident der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) die Daten.
Demnach wurde in der Umfrage ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und hohem Zucker-, Fett- und Salzkonsum einfach ausgeblendet und bagatellisiert. Die Befragungsgrundlage aus Suggestivfragen und gesellschaftlich akzeptablen Gefälligkeitsantworten verschleiert die Realität und will den Eindruck erwecken, die deutsche Bevölkerung ernähre sich gesund und ausgewogen. Denn: „Wer würde am Telefon gerne zugeben überwiegend kalorien- und salzhaltige Produkte zu essen“, gibt Barbara Bitzer als Geschäftsführerin der DDG zu bedenken. Nach dieser Umfrage geht mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 54 Prozent, zum Einkaufen der Lebensmittel zum Bauern oder in einen Hofladen. Das tatsächliche Kaufverhalten in der Bevölkerung spiegelt aber ein vollkommen anderes Verhalten der Verbraucher wider.
Daraus schließt die DDG, dass der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft sich seiner Verantwortung für einen gesundheitsbezogenen Verbraucherschutz entzieht. Demnach vertritt er einseitig allein die Interessen der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft, anstatt endlich wirkungsvolle und nachhaltige Maßnahmen und Initiativen gegen die konstant steigende Zahl der Übergewichtigen und Adipösen zu etablieren. Statt dessen präsentiert Gesundheitsminister Christian Schmidt nur belanglose Zahlen, die mit der deutschen Wirklichkeit wirklich nichts zu haben.
Verfolgt das Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium damit das Ziel eigene und Unternehmens-Interessen stärker hervorzuheben und zu untermauern? Ein gutes Beispiel zeigt sich in der seit Jahren von Minister Schmidt geforderten Einführung des Schulfachs ‚Ernährung‘!
Der herausgegebene Report des Ministeriums spricht davon, dass neun von zehn Befragten der Meinung sind, gute Ernährung sollte in der Schule gelernt werden. Diese Nebelkerze sei ein reines Lippenbekenntnis des Bundeslandwirtschaftsministers, so Müller-Wieland. Eine solche Entscheidung obliegt alleine den Bundesländern. Diese haben eine solche Forderung aber weitestgehend abgelehnt!
Es sind die Kantinenbetreiber in bundesdeutschen Schulen und Kindertagesstätten oder Horteinrichtungen, die so schnell wie möglich verpflichtet werden sollten, die gültigen Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. einzuhalten. Nur wenn die Kinder im täglichen Alltag auf diese Weise eine ausgewogene Ernährung kennen- und schätzen lernen, entwickeln sie in ihrem späteren Leben gesunde Geschmacksvorlieben, so Müller Wieland.
Mit diesem Ziel stellte die DDG sinnvolle Forderungen, die den Entscheidungsbereich des Bundeslandwirtschaftsminister tangieren, z.B. Werbeverbot für Kinderlebensmittel, Zucker- und Fettsteuer und vor allem die Ampel als Lebensmittelkennzeichnung – sie wurden alle abgelehnt.
Dieser Ignoranz natürlich folgend konnte der Adipositas-Anstieg in Deutschland bisher weder verzögert noch gestoppt werden, trotz vieler laut propagierter und gerne zitierter und teuer bezahlter Aufklärungskampagnen des Bundes.
Seine Aufgabe kennt der Minister sehr wohl, hat sie aber offenbar vergessen. Alle Worte für präventiven Schutz der Bevölkerung sind lange gesagt, werden aber in seinem Ministerium immer noch ignoriert und überhört. Kaum einer der Wähler hat wohl den bevorzugten Schutz der Zucker- Fett- und Lebensmittelindustrie im Kopf, wenn er seine Stimme der Partei seines Vertrauens gibt.