Übergewicht und Adipositas sind häufig an der Entstehung von metabolischen und Herz-Kreislauferkrankungen direkt beteiligt. Besonders Adipositas ist ein unabhängiger Risikofaktor für diese Erkrankungen. Einige der Mechanismen für dieses Risiko sind bekannt, andere wiederum konnten bisher noch nicht eindeutig aufgedeckt werden.
Die medizinische Forschung hat in den letzten Jahrzehnten belegt, dass es sich beim Fettgewebe, insbesondere bei den Fettzellen im abdominalen Bereich, um metabolisch hochaktives Gewebe handelt, das den Stellenwert eines endokrinen Organs einnimmt. Vor allen setzt das Fettgewebe Adipokine frei, die als bioaktive Moleküle an unterschiedlichen hormonellen und entzündlichen Prozessen beteiligt sind. Nicht zuletzt nimmt die verstärkte Adipokinsekretion an biochemischen Prozessen zwischen vermehrter Fettmasse und gestörten Funktion der Muskulatur, der Leber, der Gefäßfunktion und vielen anderen Pathologien. Eine Insulinresistenz wird verstärkt und damit der Weg zum Diabetes mellitus geebnet. Erhöhte Nüchtern-Insulinkonzentration, des Stresshomons Cortisol und bei Männern ein zunehmender Abfall der Testosteronspiegel treten auf und spiegeln die Interaktion zwischen endokrin aktivem Fettgewebe und dem Hormonsystem wider.
Während man lange Zeit das Fettgewebe als Speicherorgan für Fette verstanden hat, ist heute nachgewiesen, dass Adipsin, Östrogen und andere Steroidhormone im Fettgewebe metabolisiert, synthetisiert und sezerniert werden. Alle vom Fettgewebe hergestellten und freigesetzten Moleküle werden Adipokine genannt. Dazu gehören unter anderem Leptin, Adiponektin, Interleukine, Angiotensinogen, Prostaglandin E2, Resistin und mehr, bis hin zu Endocannabinoiden.
Einige wenige Ursachen von Übergewicht und Adipositas können hormonell begründet sein, und diese sollten in der Diagnostik detektiert werden. Hypothyreose, Cushing Syndrom, Hypogonadismus oder bestimmte Hypophysenerkrankungen können endokrine Ursachen für die Gewichtszunahme sein.
Weil die Schilddrüse an der Regulation des Energiestoffwechsels wesentlich beteiligt ist, kommt es bei vermehrter Nahrungsaufnahme und Energiezufuhr zur erhöhten Aktivität der Schilddrüse, die zentral von der Hypophyse gesteuert wird (hypophysär-thyreodale Achse). Es entwickeln sich Funktionsstörungen der Schilddrüse.
Frauen und Männer weisen ein grundsätzlich unterschiedliches Fettverteilungsmuster auf, was auch an den Geschlechtshormonen Östrogen und Testosteron liegt, die wesentliche Regulatoren der Fettverteilung sind. Männer mit Adipositas weisen häufig einen ausgeprägten und mit zunehmender Bauchfettmasse konstant abnehmenden Testosteronspiegel auf. Geringe Testosteronspiegel steigern die abdominale Fettansammlung, wird das Fettgewebe abgebaut, steigert sich die Testosteronproduktion.
Bei Frauen mit Adipositas dagegen steigen die androgenen Hormone an, und sie entwickeln eine Bauchfettsucht ähnlich der der Männer. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass bei stark übergewichtigen Frauen die Fertilität leidet, möglichweise aufgrund des polyzystischen Ovarialsyndroms. Die Eierstöcke sind mit Zysten durchsetzt und der reguläre Eisprung ist gestört. Auch treten bei diesen Frauen eine Insulinresistenz, eine männliche Behaarung (Hirsutismus) sowie ausgeprägte Menstruationsstörungen auf.
Die bauchbetonte (viszerale) Adipositas konnte in vielen epidemiologischen und klinischen Studien als unabhängiger Risikofaktor für den Typ 2-Diabetes identifiziert werden. Die Erkrankungsursache für Diabetes wurde in der Insulinresistenz der Muskel- und Leberzellen erkannt. Auch das Fettgewebe selbst und die Insulin-bildenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse spielen dabei eine wichtige Rolle.
Sind die Zellen des Organismus insulinresistent, erhalten die Betazellen das Signal des intrazellulären Energiemangels, weil die Glukose das Zellinnere nicht erreicht, wenn der Transporter nicht funktioniert. Aufgrund dessen produzieren die Betazellen über längere Zeit große Mengen Insulin, um den Mangel auszugleichen. Weil dieses nicht in die Zellen gelangen kann, entsteht extrazellulär ein Hyperinsulinismus, bis sich die Betazelle erschöpft und die Insulinproduktion stetig abnimmt. Ab einem definierten Insulinmangel benötigen die Menschen mit Typ 2-Diabetes dieses Hormon als subkutane Injektion oder mittels einer Insulinpumpe.
Fettstoffwechselstörungen und erhöhte Cholesterinwerte finden sich nahezu regelmäßig bei Adipösen Menschen, weil zwischen diesen beiden Krankheitsbildern eine enge Assoziation besteht. Mit verantwortlich dafür ist die fehlende Hemmung der Lipolyse durch Insulinmangel. Die gespeicherten Triglyceride werden zu Fettsäuren und Glycerol umgebaut. Die Plasmakonzentration ist für diese Werte bei Adipösen oft erhöht. Hohe Konzentration an freien Fettsäuren im Blut senken die Glukoseverwertung der Muskelzellen und stimulieren die Glukoneogenese in der Leber. Das gleichzeitig erhöhte Glycerol wiederum beschleunigt die hepathische Glukoneogenese .
Diese Erkenntnisse zur Adipositas und gelichzeitiger endokriner Veränderungen zeigt erhöhte Nüchtern-Insulinkonzentrationen, ein Hypercortisolismus und bei Männern ein Mangel an Testosteron. Diese Veränderungen sind häufig reversibel, wenn das Körpergewicht reduziert wird im Rahmen einer entsprechenden Lebensstilanpassung und entsprechender Therapiemaßnahmen.