Die Depression oder das depressive Syndrom ist rein medizinisch gesehen eine eher unspezifische Bezeichnung einer Krankheit, die in den letzten Jahren in Deutschland sowohl von medizinischer Seite als auch gesundheitspolitischer Seite an Aufmerksamkeit gewonnen hat.
In Deutschland ist die Depression meist noch mit einem Stigma behaftet .Für einen Patienten zuzugeben, er leide unter einer Depression ist für ihn sehr schwierig, gerade auch hinsichtlich eines immer weiter zunehmend wettbewerbsorientierten Arbeitsumfeldes und gesteigerten Anforderungen. In unserem Nachbarland Frankreich oder den USA wird mit diesem Thema weitaus gelassener umgegangen. Nicht nur für den Patienten, auch für die Familie ist der Umgang mit einem Angehörigen der unter einer Depression leidet nicht einfach, und muss erstmals erlernt und die Krankheit verstanden werden. Oftmals bietet nur die Familie die einzige Rückzugsmöglichkeit für den Patienten, gibt ihm Halt und begleitet ihn während seiner Therapie die sich über Jahre hinziehen kann. Selbst nach erfolgreicher Therapie- welcher Art auch immer – ist der Betroffene nicht davor gefeit einen Rückfall zu erleiden.
Aber wir sprechen hier bereits von Therapie. Nicht jeder Betroffene wird auch therapiert und dafür gibt es mehrere Gründe.Obwohl sich die Therapiemöglichkeiten der Depression in den letzten Jahren vor allem in der medikamentösen Behandlung sehr verbessert haben, beklagen Experten zum einen immer noch “massive diagnostische Defizite”. Zum anderen suchen viele Betroffene keine ärztliche Behandlung auf, aus Scham oder aus Unwissen über diese ernstzunehmende Erkrankung. Untaugliche Selbstheilungsversuche sind an der Tagesordnung, häufig auch die Flucht in den Alkohol. Dass diese Erkrankung ernst zu nehmen ist zeigt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO. Depression beeinträchtigt wie kaum eine andere Krankheit die Betroffenen und gehört zu den wichtigsten Ursachen für den vorzeitigen Tod . Nach Prognosen der WHO wird sich dies in Zukunft noch verschärfen.
Die von Experten beklagten diagnostischen Defizite sind unter anderem darauf zurück zu führen, dass die meisten Patienten dem Arzt gegenüber nur körperliche Beschwerden wie z.B. Kopf- und Rückenschmerzen, Bauchschmerzen oder Schlaflosigkeit angeben. Dies ist vor allem bei älteren Patienten der Fall, die depressive Symptome eher bagatellisieren und diese – aus Unwissenheit, falsch verstandener Scham oder wegen des stigmatisierenden Images der Erkrankung – als persönliches und schuldhaftes Versagen erleben und eben nicht als Erkrankung.
Mit effizienten Medikamenten, mit Psychotherapie und unterstützenden Massnahmen stehen dem Arzt und Patienten Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die leider viel zu selten zum Einsatz kommen. Nach Expertenschätzungen werden gerade mal 10% der Patienten mit Depression einer adäquaten Therapie in der Akutphase der Erkrankung zugeführt.
Laut dem klinischen Wörterbuch Pschyrembel ist eine Depression wie folgt definiert:
„Psychiatrische diagnostisch unspezifische Bezeichnung für eine Störung der Affektivität (Anmerkung: Gefühls – und Gemütsleben), bei der ein depressives Syndrom im Vordergrund steht. Je nach Dauer, Intensität oder Periodik des Auftretens ist die depressive Stimmungsänderung unter Umständen pathologisch. In Abhängigkeit von der Schwere der depressiven Symptomatik bzw. vom Vorliegen adäquater äusserer Auslöser oder organischer Erkrankungen, kann eine nosologische (Anmerkung: unter Nosologie versteht man die Krankheitslehre oder systematische Beschreibung von Krankheitsbildern) Zuordnung getroffen werden.”
Die Depression oder im fachlichen Sprachgebrauch das depressive Syndrom, kann demnach unterschiedliche Ursachen haben. Hierzu einige Beispiele:
Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, die häufigsten Ursachen sind jedoch hier aufgeführt.
Das Krankheitsbild der Depression wird nach Schweregrad, Auslöser oder organischer Erkrankungen noch weiter unterteilt . Die meisten der heute bekannten Depressionen sind diagnostisch schwer voneinander zu unterscheiden. Die Grenzen sind fließend und häufig kommen Mischformen vor:
Endogene Depression: Dies ist die Form der Depression die im allgemeinen Sprachgebrauch als Melancholie oder Schwermut bezeichnet wird. Die Ursache dieser Form ist weitgehend unbekannt, auch die Dauer und Schwere der Erkrankung variiert sehr. Diese Form der Depression kommt vermehrt bei Personen vor, die bereits in der Familie ein gehäuftes Auftreten hatten.
Psychogene Depression: Dies ist die Sammelbezeichnung für sogenannte reaktive Depressionen d.h. als Reaktion auf äußere Auslöser hervorgerufene Depressionen wie Schwangerschaft oder Trennung. Frauen sind hiervon häufiger betroffen als Männer.
Reaktive Depression: Depression oder depressives Syndrom, das aufgrund eines externen Auslösers die Erkrankung hervorruft wie z.B. eine schwere Lebenskrise. Der Unterschied zur psychotischen oder neurotischen Depression besteht darin, dass die Reaktion d.h. zum Beispiel Schwere und Dauer der Erkrankung, dem auslösenden Faktor angemessen erscheint. Man sieht dies häufig in der Trauerarbeit Hinterbliebener.
Psychotische Depression: Dies ist eine schwere Form der Depression mit schwerster depressiver Symptomatik. Diese Form des depressiven Syndroms ist meistens gepaart mit psychotischen Symptomen wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen.
Neurotische Depression: Bei der neurotische Depression sind Symptome einer Neurose (z.B. Hysterie oder zwanghaftes Händewaschen) gepaart mit einem schweren depressiven Syndrom. Steht das depressive Syndrom im Vordergrund der Krankheit spricht man von einer neurotischen Depression, steht die Neurose mehr im Mittelpunkt der Erkrankung spricht man von einer depressiven Neurose.
Somatogene Depression: Die somatogene (Anmerkung: körperlich begründete) Depression ist die Folge einer direkten oder indirekten Schädigung der Gehirnfunktion. Ausgelöst werden kann dies durch eine Krankheit, nach einer Operation oder z.B. während einer Hormonumstellung (Wechseljahre).
Die deskriptiv-phänomenologischen Unterformen richten sich nach dem Erscheinungsbild. In der Forschung uns in klinischen Studien überwiegen heute die operationalisierten Klassifikationssysteme ICD-10 (hier: „Depressive Episode”) und DSM-IV (hier: „Major Depression”).
Die Depression wird von jedem Betroffenen höchst unterschiedlich und individuell erlebt. In der Regel treten unterschiedliche Merkmale gleichzeitig auf und können schlagartig, über Tage, Wochen ja sogar schleichend über Monate auftreten. Viele Patienten fangen an zu grübeln und halten sich nicht für krank , sondern geben sich die selbst schuld (Versager) an ihrer Symptomatik.
Die folgenden Merkmale können Anzeichen einer Depression oder einer beginnenden Depression sein:
Die Depression ist eine der häufigsten Gehirnerkrankungen und tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Depression ist nicht nur eine „Erwachsenenkrankheit”, sie tritt bei 2% der Kinder schon unter 12 Jahren und bei ca. 5% der Jugendlichen unter 20 Jahren auf. Etwa 25% erwachsener Frauen erkranken an einer Depression, bei den erwachsenen Männern sind es dagegen etwa 10%.
Die biologischen Ursachen einer Depression sind noch weitgehend ungeklärt. Eine mögliche Erklärung ist das Ungleichgewicht zweier Botenstoffe, sogenannter Neurotransmitter, im Gehirn. Bei diesen Botenstoffen handelt es sich zum einen um das Noradrenalin und zum anderen um das Serotonin. Ist das Gleichgewicht dieser beiden Neurotransmitter (Botenstoffe) gestört, sind Patienten unter Umständen anfälliger für eine Depression.
Serotonin
Serotonin ist in der Natur weit verbreitet und wird beim Mensch nicht nur im Gehirn gebildet und gespeichert. Man findet Serotonin auch in Milz, Lunge und im Darmtrakt.
Seroronin kommt in fast allen Abschnitten des Gehirns vor, verstärkt jedoch im Hirnstamm sowie einem Gehirnabschnitt, dem sogenannten Hypothalamus (nicht zu verwechseln mit der Hypophyse, der Hirnanhangsdrüse ). Diese Hirnregionen sind zusammen mit dem Botenstoff Serotonin massgeblich beteiligt an Stimmungsschwankungen, Appetit, Wärmehaushalt, Sexualität und Schlaffunktion.
Noradrenalin
Noradrenalin wird in speziellen Zellen der Nebennierenrinde als auch in Nervenzellen gebildet. Dieser Botenstoff ist an vielen Reizübertragungen des Nervensystems beteiligt und hat ebenfalls Einfluss auf die Durchblutung. Depressive Patienten erscheinen häufig blass und die Haut ist schlaff und kalt.
Serotonin und Noradrenalin beeinflussen sich gegenseitig. Sinkt zum Beispiel der Serotoninspiegel, sinkt auch der Noradrenalinspiegel. Die Übertragung der Signale, die von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergeleitet werden, ist gestört.
Durch den Risikofaktor Stress beispielsweise kann der Körper in einen Alarmzustand versetzt werden. Das Gehirn veranlasst , dass das Hormon Cortisol in der Nebennierenrinde verstärkt produziert und ausgeschüttet wird. Der Gesunde verfügt über einen Rückkopplungsmechanismus,der dieses Hormon wieder auf einen Normpegel zurückfährt. Beim depressiv veranlagten Patienten scheint dieser Mechanismus gestört zu sein. Somit bleibt die Konzentration dieses „Stresshormons” im Blut des Patienten dauerhaft erhöht.
Durch die intensive Forschung hat sich die Therapie der Depression in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die moderne Therapie ist auf 3 Säulen aufgebaut:
Das Ziel bei der medikamentösen Therapie ist es, dem Patienten rasch zu helfen und die Inbalance zwischen Serotonin und Noradrenalin wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Allerdings benötigt es etwas Zeit bis diese Medikamente ansprechen, jedoch geht es den meisten Patienten nach 3 bis 4 Wochen erheblich besser.
Zum Einsatz kommen MAO (Monoaminooxydasehemmer)-Hemmer, trizyklische Antidepressiva, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer oder die modernen Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Der Vorteil dieser modernen Mittel ist neben den guten klinischen Erfolgen eine Verminderung der Nebenwirkungen wie Verstopfung, Mundtrockenheit oder Müdigkeit.
Ende der fünfziger Jahre kam das erste trizyklische Antidepressivum auf den deutschen Markt. Diese Medikamente hemmen sowohl die Wiederaufnahmen des Botenstoffes Serotonin als auch Noradrenalin. Allerdings ist diese Therapie auch mit schweren Nebenwirkungen behaftet.Selektive
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer sind seit Ende der 80er Jahre bekannt. Diese Substanzen waren ein erheblicher Fortschritt, vor allem in der Verringerung der Nebenwirkungen wie sie unter den MAO-Hemmern bzw. den trizyklischen Antidepressiva zu sehen waren. Durch die alleinige (selektive) Wiederaufnahmehemmung jedoch nur eines Botenstoffes – nämlich des Serotonins- können nicht alle Formen der Depression erfolgreich behandelt werden.
Die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer werden seit ca. Mitte der 90er Jahre in der Depressionstherapie eingesetzt. Neben den therapeutischen Vorteilen der trizyklischen Antidepressiva und den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehmmern besteht ein weiterer Vorteil darin, dass alle Formen der Depression behandelt werden können. Dabei zeichnen sie sich im Allgemeinen durch gute Verträglichkeit aus.
Leider wird in Deutschland auf Grund des Kostendrucks immer noch vermehrt auf ältere bzw. veraltete und damit auch billige Präparate zurückgegriffen.
Die Psychotherapie ist ein wichtiger Baustein in der Behandlung der Depression. Im Vergleich zur medikamentösen Therapie ist sie auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet. Manchmal ist es sogar nötig, der Psychotherapie eine medikamentöse Therapie vorzuschalten, um dem Patienten ein geordnetes und nicht nur durch negative Eindrücke geprägtes Erleben und Denken zu ermöglichen.
Die Psychotherapie ist auf verschiedenen Ebenen anwendbar:
Die unterstützenden Massnahmen dienen dem Patienten in erster Linie zu entspannen und dies auch wieder zu erlernen. In diese Massnahmen können auch Hilfestellungen für Angehörige integriert werden, die dadurch einen besseren Umgang mit dem Patienten erlernen, und von kompetenter Seite mehr über die Krankheit erfahren. Die Unterstützung kann erfolgen durch:
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