Eine Nahrungsmittelallergie kann sich hinter unterschiedlichsten Beschwerden verstecken. Sie korrekt zu diagnostizieren und einzugrenzen, erfordert oft detektivisches Gespür.
Sind Lebensmittel als Ursache bekannt, sollten diese gemieden werden. Ist das nicht möglich oder gewollt, gibt es auch medikamentöse Hilfe.
Untersuchungen zufolge sind zwei bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung von einer Nahrungsmittelallergie betroffen. Typisch sind Beschwerden, die Sekunden bis Minuten nach dem Verzehr auftreten. Verantwortlich ist nicht ein gesamtes Lebensmittel, sondern nur ein Baustein davon, auf den der Betroffene reagiert. Das Immunsystem des Allergikers fehlinterpretiert dieses Allergen als Fremdstoff, den es zu bekämpfen gilt.
Obwohl bei einer Nahrungsmittelallergie die allergische Kaskade ihren Anfang im Verdauungstrakt nimmt, treten Beschwerden oft an ganz anderer Stelle auf, betonte der Münchner Dermatologe und Allergologe Professor Johannes Ring.
Am häufigsten sind Haut und Schleimhäute betroffen. Kurz nach einem suspekten Verzehr kann es zu Hautrötungen, Hautjucken, Ausschläge, Quaddeln und Schwellungen oder eine vorbestehende Neurodermitis wird schlimmer. Andere klagen vorrangig über Atemwegssymptome wie Fließschnupfen, Niesen, Husten, Atemnot oder leiden unter geröteten, juckenden Augen, Juckreiz in Rachen und Nase, Schwellungen der Lippen und pelziger Zunge. Selbst ein plötzlicher Blutdruckabfall, Schwindel, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen bis hin zu massiven Migräneattacken, Erschöpfung, Müdigkeit und Schlafstörungen kommen als Ausdruck eine Nahrungsmittelallergie in Frage.
Nahrungsmittelallergie kann primär auch im Verdauungstrakt auftreten. Typisch sind dann krampf- bis kolikartige Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen und Durchfall. Bei solchen Symptomen sollte alternativ auch an eine Nahrungsmittelintoleranz gedacht werden, die durch unterschiedliche, nicht immunologische Ursachen ausgelöst wird.
Ein Mangel an bestimmten Verdauungsenzymen, wie die Milchunverträglichkeit ist Folge eines Mangels an Laktase, einem Enzym, das Milchzucker (Laktose) im Dünndarm spaltet.
Diagnostische Detektivarbeit
Um bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie diese zu bestätigen oder auszuschließen, ist ein Patiententagebuch hilfreich. Mit exakter Zeitangabe sollen suspekte Symptome, alles was gegessen und getrunken wird sowie sämtliche nicht alltäglichen Besonderheiten notiert werden. Damit lassen sich verdächtige Nahrungsmittel eingrenzen. Auslassdiäten sowie spezielle Allergietests mit suspekten Nahrungsmitteln auf der Haut und in Blutproben der Patienten können den Verdacht erhärten oder abschwächen.
Beweisend ist allerdings erst die wiederholte positive orale Provokation, bei der die experimentelle Zufuhr des verdächtigen Nahrungsmittels eine allergische Reaktion nach sich zieht. Manche Nahrungsmittelallergiker reagieren auf ein ursächliches Produkt nur dann erkennbar, wenn gleichzeitig ein spezifischer Zusatzreiz besteht, den es dann ebenfalls auszuloten gilt. Da kann bei bestimmter Nahrungsmittelkombination, ein Medikament wie etwa ASS oder Betablocker, ein Genussmittel wie Kaffee, Tee oder Nikotin, aber auch psychischer Stress, körperliche Anstrengung oder ein Infekt sein. Professor Ring schilderte den Fall einer Skisportlerin, die auf die Mohnfüllung von Germknödel nur dann allergisch reagierte, wenn sie diese nach einer anstrengenden Trainingseinheiten aß.
Therapie: Verzicht geht nicht immer
Steckt ein individuelles Allergen in allgegenwärtigen Grundnahrungsmitteln wie Eiern, Milch oder Mehl, ist der komplette Verzicht nur schwer möglich und oft auch nicht gewollt.
Gute Erfahrungen hat Ring mit dem lange bekannten, gut verträglichen und nicht müde machenden Antiallergikum Cromoglicinsäure (z.B. Pentatop®). Wird das apothekenpflichtige Mittel 15 bis 30 Minuten vor einer kritischen Mahlzeit eingenommen, sollen allergische Beschwerden unterdrückt oder zumindest spürbar abgeschwächt werden.
Häufige Auslöser einer Nahrungsmittelallegie
Häufig für eine Nahrungsmittelallergie verantwortliche Lebensmittel sind Kuhmilch, Soja, Hühnereier, Nüsse, Fisch und Gewürze. Pollenallergiker entwickeln oft auch eine Nahrungsmittelallergie gegen bestimmte Obst- und Gemüsesorten.
Allergie nach Zeckenstich
Menschen, die plötzlich auf rotes Fleisch allergisch reagieren, berichten überzufällig oft einen in der näheren Vergangenheit erlittenen Zeckenstich. Inzwischen ist als entscheidendes Allergen einer solchen Fleischallergie der im menschlichen Körper nicht vorkommende Zucker Alpha-Galaktose identifiziert. Dieser im Fleisch vieler Säugetiere enthaltene Zucker findet sich auch im Zeckenspeichel, der während des Saugaktes ins menschliche Blut injiziert wird. Vorstellbar, dass sich dabei einige Zeckenopfer gegen Alpha-Galaktose sensibilisieren.