Die tägliche Ernährung füllt den Energiepool und spielt für die Darmbakterien eine noch weitgehend nicht verstandene Rolle. Die dazu entscheidenden nutritiven Komponenten sind bisher noch weitgehend unbekannt.
Der Nachweis, das Mäuse ohne Darm-Mikrobiom durch pflanzliche Nahrungsfette dick werden, dies aber nicht bei der Zufuhr tierischer Nahrungsfette zeigen, konnte ein Team der Universität München (TUM) führen. Sie schließen daraus, dass das Cholesterin tierischer Nahrungsfette einen enormen Einfluss auf das intestinale Mikrobiom hat.
Adipositas, Diabetes und deren Begleit- oder Folgeerkrankungen gehören heutzutage zu den Zivilisationskrankheiten und weit verbreiteten Gesundheitsproblemen allen westlichen Industrienationen. Selbst in den Schwellenländern werden steigende Zahlen betroffener Menschen festgestellt. Nach einer Lancet-Studie sind weltweit inzwischen 600 Millionen Menschen fettleibig/adipös.
Bekannt ist der ursächliche Zusammenhang von Kalorienaufnahme und Energieverbrauch mit der Entwicklung zur Adipositas. Vermutet und inzwischen auch belegt ist die Tatsache, dass die mikrobielle Besiedlung des Darms, das sogenannt intestinale Mikrobiom, Auswirkungen auf den Energiestoffwechsel hat: In jüngeren Studien lies sich nachweisen, dass die ernährungsbedingte Veränderung der mikrobiellen Darmbesiedlung den Stoffwechsel beeinträchtigt und Adipositas oder Diabetes begünstigt.
Für eine neue Studie, die in Molecular Metabolism publiziert wurde, sind unterschiedliche Fette und deren Einfluss auf das intestinale Mikrobiom vergleichend untersucht worden. Dazu wurden keimfreie Mäuse, die nicht über eine intestinale Besiedlung verfügen, über einen Zeitraum von vier Wochen mit einer fettreichen Kost gefüttert, die entweder auf Schweineschmalz oder Palmöl basierte. Die Vergleichsgruppe bestand aus Mäusen mit normaler Darmbesiedlung.
Keimfreie Mäuse mit Schweineschmalzfütterung nahmen nicht an Gewicht zu, während die mit pflanzlichen Ölen gefütterten Mäuse eine Adipositas entwickelten. Dagegen zeigten Mäuse mit normalem Mikrobiom unter beiden Fettarten eine deutliche Gewichtszunahme und wurden fettleibig.
Professor Martin Klingspor vom Lehrstuhl für Molekulare Ernährungsmedizin vom Else-Kröner-Fresenius Zentrum der TU München geht davon aus, dass Schweineschmalz bei keimfreien Mäusen die Verbrennung im Körper aktiviert, und daher wird ein größerer Anteil der Nahrungsenergie verstoffwechselt. Entsprechend ist der Grundumsatz erhöht. Weil tierische Fett weniger gut aufgenommen werden, stellt sich der Stoffwechsel um und mehr Kohlenhydrate werden verbraucht, weil es an Nahrungsfetten fehlt.
Auch unterscheidet sich Palmöl, das nahezu cholesterinfrei ist, vom cholesterinreichen Schweineschmalz. Cholesterin trägt den Makel mit dem Herzinfarktrisiko in Verbindung zu stehen. Die Sterole des Cholesterins sind aber lebenswichtige Bausteine der Zellwand und liefern die Vorstufen für Steroidhormone und Gallensäure.
Erhöhte Konzentration der Steroidhormone könnten den gesteigerten Grundumsatz erklären, wie z.B. erhöhte Estradiolspiegel, das als Steroidhormon beim Gewichtsverlust eine wesentliche Rolle spielt, da es den Energieverbrauch anregt. Auch die Verbesserung des Gallenstoffwechsels trägt zur geringeren Fetteinlagerung bei.
Insofern erklärt Professor Klingspor die paradoxe Gewichtszunahme durch pflanzliche Fette bei keimfreien Mäusen mit der Veränderung von Cholesterin und seinen Stoffwechselprodukten. Haben die Mäuse eine normale Darmbesiedlung, ist das Mikrobiom am Cholesterinmetabolismus beteiligt und unterstützt die effiziente Verwertung der tierischen Fette, was allerdings zur Gewichtszunahme und Fettleibigkeit führt.
Die teilnehmenden Wissenschaftler ziehen aus den Ergebnissen das Fazit, dass die Art der Nahrungsfettaufnahme die Bakterienstämme verändern kann. Bei Schmalz-gefütterten Mäusen fanden sich Bakterienstämme, die den Gallensäurespiegel beeinflussten; einer der Stämme war in der Lage Cholesterin umzusetzen. Daraus lasse sich ableiten, dass durch die Art des Nahrungsfetts verursachte Änderungen des Mikrobioms den intestinalen Sterol- und Gallensäure-Stoffwechsel beeinflussen. Die dabei entstehenden Cholesterin-abkömmlinge verändern die Fettverdauung und Fettverbrennung und entscheiden ob eine ernährungsbedingte Adipositas entsteht oder nicht.