Die Rolle von Darmbakterien an der Regulierung des Energiehaushalts sind bisher noch wenig verstanden. Ebenso sind die nutritiven Komponenten dieser Kooperation weitgehend unbekannt. Ein Team der technischen Universität München hat aber erstmals belegt, dass Mäuse ohne Darm-Mikrobiom mit pflanzlichen Fetten dick werden, was bei tierischen Fetten nicht der Fall ist.
Das wichtige Studienergebnis zeigt, dass das Cholesterin der tierischen Fette entscheidend in das intestinale Geschehen eingreift. Die Realität zeigt immer, dass Adipositas aus einem Ungleichgewicht zwischen Nahrungsaufnahme und Energieverwertung und –verbrauch resultiert. Seit längerem bekannt ist auch, dass die Bakterienbesiedlung des Darms den Energiestoffwechsel ebenfalls deutlich beeinflusst. Jüngere Studien haben belegt, dass eine ernährungsbedingte Veränderung der intestinalen Mikrobiota beteiligt ist an der Entstehung von Adipositas und Diabetes.
Diese inzwischen als Volkskrankheiten etablierten Beeinträchtigungen der Gesundheit nehmen in den westlichen Industrienationen konstant zu, und inzwischen sind auch in den Schwellenländern zunehmend mehr Menschen davon betroffen. Das Fachmagazin „Lancet“ berichtet von inzwischen mehr als 600 Millionen Menschen, die weltweit als fettleibig gelten.
Das Ergebnis der Studien an der TU München brachte drei wesentliche Erkenntnisse: Keimfreie Mäuse, die mit viel tierischen Fett (Schmalz) gefüttert wurden, entwickeln kein zusätzliches Körperfett. Während andere Mäuse, deren Futter mit pflanzlichem Fett (Palmöl) angereichert war, die volle Ausprägung einer ernährungsbedingten Adipositas aufwiesen. In der Gruppe der Tiere mit normaler Darm-Mikrobiota entwickelte sich die Fettleibigkeit unabhängig von der Art des aufgenommen Fettes.
„Das Futter mit reichlich Schmalz induziert bei keimfreien Mäusen den Verbrennungsstoffwechsel im Körper“, erklärt Professor Martin Klingspor vom Lehrstuhl für Molekulare Ernährungsmedizin am Else Krönder-Fresenius Zentrum der TU München. So war der Grundumsatz bei den keimfreien Mäusen entsprechend erhöht.
Die verwendeten Nahrungsfette unterscheiden sich grundsätzlich, da Palmöl nahezu cholesterinfrei ist und Schmalz reich an Cholesterin ist. Einerseits wird der Cholesterinspiegel mit Herzinfarkt in Verbindung gebracht, obwohl das Sterol des Cholesterins ein lebensnotwendiger Baustein der Zellmembran ist und auch eine Vorstufe bei der Bildung von Steroidhormonen und Gallensäuren.
Palmöl enthält dagegen Sitosterin, das zur Hemmung der Cholesterinaufnahme im Darm beiträgt, während tierische Fette die Verfügbarkeit von Cholesterin stark erhöht.
Die Analyse der Metaboliten ergab bei der Fütterung mit Schmalz eine Veränderung der Steroide, Steroidhormone und Gallensäuren, die als chemische Stoffwechselprodukte von Cholesterin bekannt sind.
Erhöhte Konzentrationen der Steroidhormone könnten den gesteigerten Grundumsatz erklären, durch den der Energieverbrauch gesteigert wird und ein Gewichtsverlust resultiert. Die gesteigerte Gallensäurebildung unterstützt den Lipidstoffwechsel und verringert die eingelagerten Fettmassen.
Es zeigten sich auch Unterschiede der Bakterienzusammensetzung im Darm nach einer Palmöl- oder Schmalzfütterung, so die Wissenschaftler. So wurden einzelne Bakterienstämme gefunden, die mit den Gallensäuren interagieren und Cholesterin umsetzen können. Daraus zogen sie die Schlussfolgerung: die Art der Nahrungsfette ändert die Mikrobiota und damit die Auswirkungen auf den Sterol- und Gallensäure-Stoffwechsel. Die Cholesternabkömmlinge ändern die Fettverbrennung- und Fettverdauung und entscheiden mit, ob eine ernährungsbedingte Adipositas entsteht oder ausbleibt.