Wer die Folgen eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles in der eigenen Familie oder bei Freunden erleben musste, weiß, wie wichtig diese Organe für eine gute Lebensqualität im Alter sind. Die Ursachen für solche Ereignisse liegen im Stoffwechsel, d. h. einer Verschiebung der 3 Bestandteile unseres Körpers, von Eiweiß, Fett und Zucker. Bereits im Kindesalter kann durch Fehlernährung und Übergewicht die Balance zwischen den drei Stoffen gestört werden. Nach nur wenigen Jahren hinterlässt dieses Ungleichgewicht Spuren im Gefäßsystem.
Jede Form einer Störung im Stoffwechsel, im Auf- und Abbau von Eiweiß, Fett und Zucker, verändert die Gefäße. Überflüssige Stoffwechselprodukte werden auf dem Weg zu den Organen am „Straßenrand“ abgelagert, die Gefäßwand wird dicker, die „Straße“ (das Lumen) enger. Lagert sich an dieser Gefäßwand zusätzlich Kalk ab, führt dies nicht selten zum Gefäßverschluss, zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Stoffwechsel und Gefäß sind also wie siamesische Zwillinge, sie sind untrennbar miteinander verbunden. In jedem biologischen System, das „lebt“, ist der Wechsel zwischen Ungleichgewicht und Gleichgewicht ein Ausdruck des Lebens. So finden ständig Ab- und Aufbauprozesse statt, Reparatur und Zerstörung halten sich die Waage. Ein verlässlicher Messwert des Stoffwechselgleichgewichtes oder Ungleichgewichtes sind der Blutzucker und das Insulin. Schon in den 30er Jahren wurde festgestellt, dass Übergewichtige zwar gleiche Blutzuckerwerte haben wie Normalgewichtige, sie haben allerdings deutlich höhere Insulinwerte.
Warum?
Insulin ist der Polizist in unserem Körper, es dient dazu, Eiweiße aufzubauen, Fett einzulagern und Zucker, als wichtigsten Energieträger, in die Zellen, vor allem in die Muskelzelle, einzuschleusen. Bereits bei Menschen, die lediglich 5 – 10 kg zuviel auf den Hüften haben, hat der Zucker Schwierigkeiten, in der Zelle verstoffwechselt zu werden. Erst durch sehr viel Insulin gelingt es dem Organismus, wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Diese hohen Insulinkonzentrationen über längere Zeit scheinen in der Entwicklung von Herzkreislauferkrankungen und Diabetes mellitus eine Schlüsselposition einzunehmen. Hohe Insulinkonzentrationen sind Ausdruck einer sogenannten Insulinwirkungsverminderung oder Insulinresistenz. Die Insulinresistenz hat uns früher, als wir noch Jäger und Sammler waren, große Vorteile gebracht: die Energie wurde langsam verwertet, wir waren dadurch in der Lage, längere Hunger- und Durststrecken zu überwinden.
Hohe Insulinkonzentrationen stimulieren auch die Stresshormone, es sind Hormone, die einen Widerpart zum Insulin herstellen. Das Gleichgewicht zwischen hohem Insulin und Stresshormonen verändert aber nachhaltig das Gefäß. Als Jäger und Sammler, also in der Steinzeit, schienen diese Prozesse sich sehr günstig auf die Lebensgestaltung auszuwirken, heute aber, da wir rund um die Uhr essen können und rund um die Uhr sitzen können, da uns die „gebratenen Tauben“ in den Mund fliegen, ist diese Insulinresistenz kein Schutzmechanismus, sondern ein grundlegender Risikofaktor für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen und Diabetes melllitus.
„Wir sind so alt wie unsere Gefäße“, so war ein Leitspruch von Professor Schettler, dem ehemaligen Direktor der Universitätsklinik Heidelberg. Damit unterstrich er, dass die Gefäße für unsere Lebensqualität von entscheidender Bedeutung sind. Die Dehnbarkeit der Arterien hat bei der Gefäßverkalkung und Diabetes mellitus eine Schlüsselposition. Je dehnbarer, je elastischer also ein Gefäß ist, umso besser passt es sich den aktuellen Anforderungen an. Die Gefäßfunktion ist dann normal. Die Gefäßdehnbarkeit nimmt ab, wenn wir ausgiebig gut gegessen haben: das Insulin steigt deutlich an, erweitert die Gefäße, damit die Nahrung auch schnell an die Zielorgane zur Energieablieferung gelangt. 2 – 3 Stunden nach dem Essen ist die Dehnbarkeit der Gefäße wieder normal. Anders beim Übergewicht.
Hier sind die Insulinspiegel nach dem Essen sehr lange erhöht, weil die Stoffwechselprodukte einige Zeit brauchen, um über die Gefäßwand in die Zellen zu kommen. Dadurch, dass diese Stoffwechselprodukte sehr lange im Blutgefäß zirkulieren, lagern sich schon sehr früh Bestandteile an der Gefäßwand ab, der Blutfluss scheint an weiten starren Gefäßen an der Wand sehr stark zu reiben, so dass die schädigenden Stoffwechselprodukte sehr frühzeitig eingelagert werden. Bereits bei Kindern im Alter zwischen 13 und 16 Jahren konnte man nachweisen, dass die Gefäßwand in Abhängigkeit vom Übergewicht seine Dicke verändert: je dicker ein Kind, desto dicker ist die Gefäßwand. Je dicker die Gefäßwand, desto weniger dehnbar ist das Gefäß. Bluthochdruck ist die Folge.
Gefäßverkalkung ist Folge einer gestörten Wechselwirkung zwischen Insulin und Glukose (Zucker), Fetten und Eiweiß. Jede Störung im Stoffwechsel verändert die Gefäßwände in Abhängigkeit von Dauer und Stärke der Störung: Übergewicht, Nikotin, hohe Fettwerte, hoher Blutdruck, hohe Zucker- und Insulinspiegel.
Die Dehnbarkeit der Gefäße entscheidet über den Druck im Kreislauf. Die Gefäßinnenhaut(Endothel) steuert die Erweiterungsfähigkeit(Endothelfunktion). Diese Gefäßelastizität ist entscheidend, damit die „Transportleistung“, die Versorgung der Organe, wie z.B. der Muskeln und des Herzens auch erbracht werden kann. Kurzfristige Verschlechterungen der Dehnbarkeit hinterlassen keine Schädigungen, wird die eingeschränkte Dehnbarkeit zum Dauerzustand, leidet das Gefäß. Stoffe, die länger im Gefäß transportiert werden, da sie wegen schlechter Dehnbarkeit nicht rasch genug verschwinden können, setzen sich in der Wand ab. Für das Gefäß beginnt dann der Leidensweg.
Hoher Blutdruck ist neben Diabetes mellitus 2 (Alterszucker), Rauchen und hohem Cholesterin die Hauptursache für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen und Störungen in der Hirndurchblutung (Hirnschlag, Hirnblutung). Deshalb sollte im Rahmen einer 24-stündigen Blutdruckmessung regelmäßig kontrolliert werden. Wichtig ist, dass der Blutdruck in der Nacht abnimmt, durchschnittlich mehr als 15 Prozent („dipping“). Eine gute Blutdruckeinstellung verringert die Entwicklung eines Schlaganfalls, eines Herzinfarktes und eines Diabetes mellitus 2. Der erste Messwert zeigt an, wie der Widerstand im Gefäß ist, gegen den das Herz pumpen muss: je höher der Wert, desto mehr Kraft muss der Herzmuskel aufbringen, um diesen Widerstand zu überwinden. Der zweite Messwert gibt den Druck wieder, den das Herz in Ruhe ertragen muss.
Frühe Zeichen für eine Störung der Gefäßdehnbarkeit sind Tinnitus, Hörstürze, Potenzbeschwerden und hoher Blutdruck!