Aus welchen Gründen nutzen Patienten komplementäre Verfahren?
Die meisten Patienten mit chronisch entzündlichen Darmkrankheiten, die unkonventionelle Methoden nutzen, wollen ihr Therapieergebnis verbessern. Vielen ist ein ganzheitlicher Therapieansatz wichtig, in dem neben dem Körper auch Geist und Psyche behandelt werden. Zusätzlich haben viele das Gefühl, selbst aktiv etwas tun zu können und die Verantwortung für den Umgang mit ihrer Krankheit selbst zu übernehmen. Einige Patienten nutzen ergänzende Verfahren, um Beschwerden durch die Begleiterkrankungen zu lindern.
Welche unkonventionellen Verfahren werden hauptsächlich angewendet?
Patienten mit chronisch entzündlichen Darmkrankheiten nehmen am häufigsten Akupunktur, Homöopathie und pflanzliche Heilmittel (Phytotherapie) in Anspruch. Auch Elemente der anthroposophischen Medizin oder diätetische Konzepte werden oft ins Therapiekonzept integriert.
Welche Probleme können auftreten?
Obwohl mehr als 90 Prozent der Patienten unkonventionelle Therapieformen nutzen, berichten nur 30 bis 40 ihrem Hausarzt davon. Dies kann zu Komplikationen führen. Dazu ein Beispiel: Schöllkraut wird häufig als pflanzliches Heilmittel gegen Durchfall angewendet. Gelegentlich kann Schöllkraut aber auch Durchfälle fördern und die Konzentration bestimmter Leberenzyme im Blut erhöhen, die bei der Beurteilung des Krankheitsverlaufes berücksichtigt werden. Ist der Arzt über die Anwendung nicht informiert, zieht er falsche Schlüsse und baut sein weiteres Therapiekonzept auf falschen Voraussetzungen auf.
Wie sinnvoll ist Komplementärmedizin?
Bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten ist das Krankheitsbild und die Beschwerden sehr individuell ausgeprägt. Daher muss das Therapiekonzept jeweils auf das Individuum abgestimmt werden. Es kann durchaus sinnvoll sein, ergänzend unkonventionelle Verfahren auszuprobieren. Sprechen Sie aber vorher unbedingt mit ihrem Arzt. So können unliebsame Überraschungen und gefährliche Wechselwirkungen vermieden werden.
Dr. Harald Mattes, Berlin, dazu in “Unkonventionelle Therapien – Eine methodische Übersicht” in “Bauchredner 3/2000”: “Eine Erweiterung der naturwissenschaftlich orientierten Therapien um Therapieverfahren, die Selbstheilungskräfte anregen und darüber hinaus auch geistig-seelische Dimensionen in ein ganzheitliches Therapiekonzept integrieren, ist notwendig und zukunftsweisend. Der wissenschaftliche Boden darf dabei aber nicht verlassen werden.”