Nicht jeder Süchtige nimmt Drogen. Auch Verhaltensweisen können süchtig machen. Diese sog. nichtstofflichen Süchte haben ein ebenso großes Abhängigkeitspotenzial wie stoffgebundene Süchte. Eine nichtstoffliche Sucht äußert sich in zwanghafter Abhängigkeit von bestimmten Verhaltensweisen. Das Bedürfnis, einem psychischen Reiz zu folgen, wird so stark, dass man ihm nicht mehr widerstehen kann. Verhaltenssüchte verursachen keine körperliche Abhängigkeit, können jedoch, ebenso wie stoffliche Drogen, die Gesundheit schädigen und schwerwiegende soziale Folgen haben.
Bei Ess-Störungen handelt es sich nicht um Süchte im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr um psychosomatische Erkrankungen mit typischen Aspekten einer Sucht. In 95 Prozent aller Fälle sind Mädchen und Frauen von Ess-Störungen betroffen. Fast jede zweite Frau zeigt ein gestörtes Essverhalten und jede zweite Schülerin zwischen 11 und 13 Jahren hat bereits Diäterfahrungen. 90 Prozent aller Bulimiekranken sind Frauen. Bei dieser Form der Ess-Störung, die auch Ess-Brech-Sucht genannt wird, verschlingen die Betroffenen während einer Heißhungerattacke in kurzer Zeit große Mengen Nahrung, die sie, aus Angst vor Gewichtszunahme, umgehend wieder erbrechen. Das vorwiegende Schönheits- und Schlankheitsideal spielt bei der drastischen Zunahme von Ess-Störungen eine wichtige Rolle. Hinzu kommen oft ein niedriges Selbstwertgefühl, ungelöste Konflikte aus der Kindheit und das elterliche Vorbild. Häufig haben bereits die Mütter Diäten gemacht.
Auch unter der Magersucht (Anorexia) leiden vorwiegend Frauen. In Deutschland sind etwa 80.000 Fraue und ca. 4.800 Männer betroffen. Bei dieser Form der Ess-Störung wird die Verweigerung der Nahrungsaufnahme zur Sucht. Die Betroffenen hungern sich auf lebensbedrohliches Untergewicht herunter, etwa 10 Prozent sterben an den Folgen der Unterernährung. Magersucht entsteht häufig in der Pubertät. Man geht davon aus, dass Angst vor dem Erwachsenwerden und Ablehnung des körperlichen Reifungsprozesses eine wichtige Rolle spielen.
Bei der Fettsucht bzw. Ess-Sucht oder Binge-Eating-Störung (engl. “to binge” = “ein Fressgelage abhalten”) kommt es durch übermäßige Nahrungsaufnahme meist zu starkem Übergewicht. Allerdings leidet nicht jeder Übergewichtige unter Fettsucht. Eine Ess-Störung liegt dann vor, wenn Essen und Diäten den Alltag bestimmen.
Krankhaftes Glückspiel ist eine typisch männliche Sucht. Etwa 90 Prozent der geschätzten 25.000 bis 130.000 Spielsüchtigen in Deutschland sind Männer. Süchtige Spieler können nicht mehr aufhören zu Zocken, auch wenn sie gewinnen. Der Gewinn ist ihnen nie hoch genug. Schulden werden gemacht, um weiterspielen zu können, das Spiel wird zum Lebensinhalt und stürzt den Spieler in den finanziellen Ruin. Nicht selten zerbricht die Familie und das soziale Umfeld an der Spielsucht.
Seit den 70er Jahren gibt es den Begriff Workaholic. Damals stellte man fest, dass die Symptome von übermäßigem Arbeitseifer denen der Alkoholsucht sehr ähnlich sind. Arbeitssüchtige erlangen durch ständiges Arbeiten ein Hochgefühl. Die Arbeit geht immer vor, das tägliche Pensum immer weiter gesteigert, Freunde und Familie werden vernachlässigt.
Die Liste der Verhaltenssüchte ließe sich endlos verlängern. Ob Einkaufen, Computer und Internet, Sport und Fitness, Fernsehen und Musik hören, Sex und Beziehungen; im Prinzip kann fast jedes Verhalten zur Sucht werden, wenn man sich damit aus dem Alltag, vor Ängsten oder Problemen flüchtet. Die Folgen sind immer dieselben: Man schadet seiner Gesundheit — mal mehr, mal weniger — und man verliert seine Freiheit. Der Weg aus einer Verhaltenssucht ist oft ebenso schwer, wie der Entzug von einer stofflichen Droge und ohne Unterstützung schwer zu bewältigen. Fachleute und Selbsthilfegruppen können dabei helfen von der Sucht loszukommen und in Freiheit zu leben.