Zwangsstörungen werden im weitesten Sinne den Angsterkrankungen zugeordet und sind relativ weit verbreitet. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen e.V. entwickeln ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung irgendwann einmal im Leben ausgeprägte Zwänge. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Frauen entwickeln häufiger Waschzwänge, Männer eher sogenannte Kontrollzwänge.
Die Zwangsstörungen beginnen meist im frühen Erwachsenenalter und sind in der Regel bis zum 35. Lebensjahr voll ausgeprägt. Viele der Betroffenen zeigten bereits in der Kindheit zwanghafte Verhaltensweisen. Meist sind es dann bestimmte belastende Ereignisse in einer späteren Lebensphase, wie z.B. familiäre Probleme oder der Verlust des Arbeitsplatzes, die zur vollen Ausprägung einer Zwangsstörung führen. Im Durchschnitt erfolgt die Diagnose aber erst nach neun Jahren und bei den meisten Patienten wird erst nach etwa 7 Jahren – wenn überhaupt – eine Behandlung aufgenommen. Aus Scham verschweigen die meisten Zwangspatienten ihre zwanghaften Verhaltensweisen und suchen keine ärztliche Hilfe. Dabei kann, besonders bei frühzeitigem Behandlungsbeginn, mit speziellen Antidepressiva und/oder einer Verhaltenstherapie vielen wirksam Patienten geholfen werden.
Die wichtigsten Merkmale einer Zwangsstörung sind zwanghafte Wiederholungen bestimmter Handlungen oder Zwangsgedanken, deren Sinnlosigkeit sich die Betroffenen durchaus bewusst sind. Dennoch gelingt es ihnen häufig erst nach stundenlangen Wiederholungen dieses zwanghafte Verhalten zu unterbrechen und sich wieder mit anderen Dingen zu beschäftigen. Durch das Ausführen der Zwangshandlungen oder -gedanken wird versucht, ein Gefühl der Sicherheit zu erreichen oder Unheil abzuwenden. So kann es zum Beispiel passieren, dass jemand, der unter einem Kontrollzwang leidet, die Wohnung erst verlassen kann, nachdem er zum wiederholtem Male überprüft hat, ob der Herd oder das Bügeleisen auch wirklich ausgeschaltet sind. Andere erreichen erst nach stundenlangen Reinigungszeremonien das Gefühl, von Schmutz und Krankheitserregern befreit zu sein. Dabei kann es mit der Zeit immer schwieriger werden, dieses Sicherheitsgefühl zu erreichen, so dass die zwanghaften Handlungen immer weiter ausgedehnt werden und schließlich immer mehr Zeit in Anspruch nehmen. Bei dem Versuch, eine Zwangshandlung oder zwanghafte Gedanken zu unterdrücken oder abzubrechen, treten meist intensive innere Spannungen und Ängsten auf.
Häufig haben Zwangsstörungen auch abergläubische Elemente. Dann besteht ein innerer Drang, bestimmte Gedanken oder rituelle Handlungen auszuführen, wie z.B. das Reinigen oder Berühren eines Gegenstandes in einer bestimmten Abfolge oder Häufigkeit, um Unheil oder Schicksalsschläge abzuwenden.
In sehr vielen Fällen werden Zwangsstörungen so dominant, dass sie zum sozialen Rückzug führen. Depressionen und Minderwertigkeitsgefühle sind dann häufig die Folgen, die den Betroffenen an den Rand der psychischen Belastbarkeit führen.