Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, das galt früher und sollte eigentlich auch heute noch Gültigkeit haben. Heutzutage beschäftigen sich Wissenschaftler, Ärzte und Diätberater vorwiegend mit dem „Leib“, und die Ernährung wird als zu reichlich, zu energiereich und zu häufig angeprangert. Sie führt zu Übergewicht und als Konsequenz zu weniger Bewegung. Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie die Gefäßverkalkung werden besonders den Übergewichtigen unserer Gesellschaft prophezeit.
Aber welche Rolle spielt die „Seele“ im Bezug auf das Essen?
Eine kleine Stütze für die Seele brauchen die meisten Menschen hin und wieder, damit sich die Stimmung bessert. Wenn im Herbst das Wetter grau und regnerisch ist, greifen viele Menschen zu leicht verdaulichen Kohlehydraten, also Süßigkeiten und vor allem zu Schokolade und Pralinen. Dann ist die Diät des Sommers und das Traumgewicht rasch vergessen, weil man der Seele etwas Gutes tut.
Der Grund für dieses Verhalten liegt in einem Stoff, der unterschiedliche Prozesse des Körpers steuert, nämlich das Serotonin. Es erfüllt seine Aufgaben vor allem im Gehirn, aber auch im Darmbereich und weiteren Organen. Bekanntermaßen werden sogenannte Serotonin-Antagonisten als Medikamente bei einer Depression verabreicht, weil dadurch die Konzentration im Gehirn ansteigt und die Depression gebessert wird. Es sind aber noch weitere Prozesse, an denen Serotonin beteiligt ist. Dazu gehört der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Wachheit und Konzentrationsfähigkeit, die Nahrungsaufnahme, die Schmerzempfindung und viele andere Funktionsabläufe.
Da kommt manchmal die Schokolade gerade richtig, weil sie eine Vorstufe des Serotonins enthält und die Konzentration dieses Transmitters ansteigen lässt.
Auch in vielen anderen Lebensmitteln findet sich diese Aminosäure, die Tryptophan heißt. Walnüsse gehören dazu, Käse und bestimmte Fleischsorten sowie Milch enthalten die Vorstufen das Tryptophan. Es handelt sich dabei um einen Eiweißbaustein (Aminosäure), die in vielen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vorkommt. Während das mit der Nahrung aufgenommene Serotonin die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann, ist der Eiweißbaustein Tryptophan in der Lage, sich im Blut mit einem Transportsystem zu verbinden und sich im Gehirn anzureichern. Dort wird es zu Serotonin und wirkt sich positiv auf die Stimmung, das Schlafverhalten, die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit und viele andere Mechanismen aus.
Vielleicht greifen auch Kinder deshalb gerne zu Süßigkeiten, weil sie täglich neuen Situationen begegnen, die ängstlich machen oder beunruhigen können, weil sie ihnen fremd sind.
Wenn Erwachsene im Herbst den „Blues“ bekommen, kann es hilfreich sein, wenn sie gezielt Lebensmittel mit hohem Tryptophan-Gehalt zu sich nehmen oder nach den Mahlzeiten eine kleine Süßigkeit essen. Wenn man dies kontrolliert tut und gleichzeitig auf das Körpergewicht achtet, kann sich die Stimmung verbessern und der Abschied von Sommer und sonne fällt weniger schwer.
Weil Tryptophan auch über den Melatonin-Stoffwechsel die Schlafqualität verbessert, ist es vielfach zur Tradition geworden, am Abend ein süßes Betthupferl zu reichen oder das berühmte Glas warme Milch mit Honig, damit der Schlaf und die Erholung am nächsten Morgen sich verbessern.