Eine der häufigsten begleitenden Erkrankungen, die den Patienten mit Diabetes mellitus zum Urologen führt, ist die erektile Dysfunktion. Sie befällt mindestens die Hälfte der Diabetiker im Lauf ihrer Erkrankung. Männer höheren Alters sollten darauf hingewiesen werden, dass im Alter per se die Erektionsfähigkeit nachlässt. Rund zwei Drittel der Männer im Alter zwischen 70 und 79 Jahren geben an, ihre Vita sexualis immer noch regelmäßig zu pflegen.
Eine erektile Dysfunktion liegt per definitionem dann vor, wenn länger als sechs Monate wiederholt keine ausreichende Erektion zustande kommt, die beiden Partnern einen befriedigenden Geschlechtsverkehr erlaubt. Betroffen sind 40 bis 90 Prozent der Diabetiker, 70 Prozent der Hypertoniker und 60 Prozent der Patienten mit einer Fettstoffwechselstörung.
Besondere Aufmerksamkeit für die erektile Dysfunktion ist wichtig, weil sie das erste Symptom einer koronaren Herzkrankheit sein kann, und sie manifestiert sich durchschnittlich zwei Jahre vor einem Herzinfarkt.
Als Ursachen der erektilen Dysfunktion kommen Gefäßschäden im Genitalbereich, die benigne Prostata-Hyperplasie (BPH) und das Lower Urinary Tract Syndrome (LUTS) in Betracht. Darüber hinaus können Depressionen, Hormondefizite und die längerfristige Einnahme von Medikamenten wie den Betarezeptorenblockern die Erektionsfähigkeit stark in Mitleidenschaft ziehen.
Umgekehrt kann die erektile Dysfunktion bei einem Fünftel der Betroffenen auf einen noch nicht diagnostizierten Diabetes mellitus hinweisen. Bei rund der Hälfte der Diabetespatienten liegt ein Testosteronmangel vor, der zumindest teilweise das Fatigue-Syndrom erklärt, von dem diese Patienten häufig geplagt werden.
Die erektile Dysfunktion ist ein wesentliches Symptom eines Testosterondefizits. Zur Basisdiagnostik der erektilen Dysfunktion gehören die umfassende Krankengeschichte, die körperliche Untersuchung, ferner die Bestimmung des Nüchternblutzuckers, des HbA1c-Werts, der Lipidparameter, der Leberenzyme, des Testosterons und der PSA-Test.
Therapie der Wahl sind Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, deren Wirksamkeit bei Diabetikern etwas schwächer ausfällt als bei Nichtdiabetikern. Schuld daran ist die diabetogene Neuropathie. Bei Diabetes sollten alle derzeit verfügbaren PDE-5-Inhibitoren nacheinander ausprobiert werden, um dann bei der Substanz mit der besten Wirksamkeit zu bleiben. Eine vernünftige Sexualtherapie ist auch bei erektiler Dysfunktion wichtig, und wenn die Pharmakotherapie nicht hilft, kann eine stabile Erektion auch apparativ induziert werden.