Jedes Jahr im Sommer begeben sich Millionen Bundesbürger auf den Weg in den Urlaub. Es ist Reisezeit, auf den Autobahnen bilden sich lange Schlangen und oft dauert es mehrere Stunden, bis man eine Raststätte oder einen Parkplatz erreicht und sich ein wenig vom stundenlangen Sitzen in einem viel zu warmen Auto erholen kann.
Diesen Strapazen unterziehen sich nicht nur gesunde und körperlich fitte Menschen, sondern auch viele chronisch erkrankte Patienten sind auf dem Weg in den Urlaub.
Chronische Erkrankungen können den Stoffwechsel, das Herz-Kreislaufsystem betreffen, oder auch im Verdauungsapparat oder der Lunge zu dauerhaften Beschwerden führen. Daher ist in den meisten Fällen eine regelmäßige, oft mehrmals tägliche Medikamenteneinnahme erforderlich.
Im Urlaub kann sich der gesamte Tagesablauf eines Menschen ändern: Morgens steht man später auf, und die Mahlzeiten werden verschoben. Man hat Zeit etwas für die Gesundheit zu tun und verstärkt die sportlichen Aktivitäten. Die Abende enden oft sehr spät, weil sie in fröhlicher Urlaubsgesellschaft an der Bar oder Diskothek mit Alkohol gefeiert werden. Wann nimmt man dann seine Tabletten, für die im normalen häuslichen Alltag die Zeiten vorgegeben sind?
Besonders auf Flugreisen, wenn größere Zeitzonen überschritten werden, kann die zeitlich festgelegte (morgens, mittags, abends) Tabletteneinnahme oder die Injektion von Heparin oder Insulin aus dem Tritt geraten.
Ein Urlaub im weiter entfernten Ausland oder auf anderen Kontinenten muss daher von chronisch Kranken sorgfältig und gemeinsam mit dem behandelnden Arzt geplant, organisiert und vorbereitet werden.
Da tauchen Fragen auf, ob man Insulin mit den Injektions-Spritzen im Flugzeug mitführen darf. Auch stellt sich die Lagerungsfrage des Insulins in tropischen Regionen. Wer ist der Ansprechpartner bei einer Komplikation, etwa einer Hyper- oder schlimmer noch einer Hypoglykämie? Existiert in Ländern wie Afrika, Indien oder Thailand eine qualifizierte Diabetesversorgung, und wo kann ich diese erreichen?
Hinzu kommt das Risiko, dass sich der Diabetes durch eine Veränderung der Glukosetoleranz in tropischen oder subtropischen Regionen deutlich verändern kann. Dies kann zu einem deutlichen Blutzuckeranstieg nach dem Essen führen oder zu einem dramatischen Blutzuckerabfall bei sportlichen Aktivitäten oder großen Flüssigkeitsverlusten. Eine Hypoglykämie tritt leichter auf während eines Urlaubs im Hochgebirge und bei kalter Witterung. „Weder das Amazonas-Delta noch die Antarktis sind geeignete Urlaubsländer für Diabetiker“, meint Dr. Jens Kröger, Vorstandsmitglied der diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Internist aus Hamburg.
Jede Zeitverschiebung bei einem Langstreckenflug und die ungewohnte Umgebung bedeutet Stress, der bei einem Diabetiker das Blutzuckerniveau variieren lässt. Diesen Schwankungen nach oben oder nach unten sollte der Diabetiker seinen Blutzucker anpassen, indem er entweder schnellwirksame Kohlenhydrate bei Hypoglykämie, oder Insulin, resp. orale Antidiabetika bei einer Hyperglykämie zuführt.
Wissen sollte jeder Diabetiker, dass intensive sportliche Aktivität den Glukosestoffwechsel verbessert und deswegen geringere Mengen Insulin injiziert werden müssen, oder die tägliche Tablettenmenge sollte reduziert werden, damit sich keine Unterzuckerung entwickelt.
Dies bedeutet für alle Diabetiker im Aktivurlaub, dass der Blutzucker häufiger gemessen werden muss als zu Hause. Die dringende Empfehlung der Experten lautet daher, deutlich mehr Teststreifen mit in den Urlaub zu nehmen.
Mit dem behandelnden Arzt sollte gesprochen werden, damit er die notwendigen Bescheinigungen ausfüllt, die zum Transport von Spritzen, Pens, Insulin und der Tablettenmenge berechtigt. Wichtig ist es auch einen internationalen Diabetespass mit sich zu führen, oder ein ähnliches Dokument in der Landessprache des Urlaubslandes dabei zu haben, damit bei eventuellen Komplikationen oder im Notfall rasche Hilfe geleistet werden kann.