Eine Umfrage der Europäischen Adipositas Gesellschaft bei mehr als 14.000 Europäern aus sieben Ländern hat ergeben, dass nahezu 25 Prozent der Europäer nicht wissen, dass ein krankhaftes Übergewicht mir einem BMI jenseits von 30 kg/qm als krankhafte Adipositas eingestuft wird. Herzerkrankungen, Bluthochdruck und Typ 2-Diabetes sind die nahezu regelmäßig auftretenden Erkrankungen. Noch niedriger ist das Wissen über den Zusammenhang von Übergewicht mit einem Schlaganfall oder der Entstehung einer Krebserkrankung.
Der Geschäftsführer der Europäischen Adipositas Gesellschaft (ESO), Euan Woodward, bezeichnet die Adipositas als eine der am schnellsten wachsenden Bedrohungen für die Gesundheit und das Wohlbefinden in Europa. Vor dem Hintergrund, dass in einigen europäischen Ländern sechs von zehn Erwachsenen als adipös eingestuft werden, und bis zum Jahr 2030 bereits neun von zehn Personen eine Adipositas aufweisen, müssen die Menschen intensiv über die gesundheitlichen Konsequenzen informiert werden.
Noch immer können viele Menschen ihre Gewichtprobleme und die damit einhergehende gesundheitliche Gefährdung nicht richtig einschätzen. Vier Fünftel der Befragten mit einer eindeutigen Adipositas bezeichnen sich als übergewichtig, und ein Drittel der Übergewichtigen geht davon aus Normalgewicht zu haben. Insgesamt sind es nur 20 Prozent dieses Kollektivs, die bemüht sind ihr Gewicht zu kontrollieren, und nur 17 Prozent achten auf die Kalorien, die sie täglich zu sich nehmen.
Diese Zahlen sprechen dafür, dass Übergewicht und Adipositas eher zur Normalität in der europäischen Bevölkerung darstellt und man sich daran gewöhnt, immer mehr dicke Menschen in seiner Umgebung zu sehen. Allerdings wird die Gesundheitsgefährdung immer weniger wahr- und ernstgenommen.
Das Bewusstsein der Menschen für einen gesünderen Lebensstil, die Motivation zu erhöhter Achtsamkeit bei der Ernährung und Bewegung, wirksame Präventionsstrategien und praktizierbare Maßnahmen zur Gewichtsreduktion sind dringend erforderlich, um den Trend der Gewichtsausuferung umzukehren zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise.
Dabei ist nicht alleine die hohe Kalorienzufuhr und Bewegungsverweigerung verantwortlich zu machen, sondern auch chronischer Schlafmangel und Stress haben relevante Bedeutung beim Übergewicht. Es wäre falsch zu glauben, alleine durch Bewegung und Ernährung könne das Körpergewicht gesenkt werden, meint Professor Martin Wabitsch, Präsident der Deutschen Adipositas Gesellschaft. Das Gewicht wird durch einen hormonellen Regelkreis gesteuert, der durch unterschiedliche Stellschrauben reguliert wird, die sich gegenseitig fördern, aber auch antagonisieren können. Die vererbte metabolisch geprägte Veranlagung , die sozio-ökonomischen und persönlichen Lebensumstände sind beteiligt an einer adipogenen Entwicklung.
Daher kann die kontinuierliche Gewichtszunahme in der Bevölkerung nicht alleine als Life-Style Problem bezeichnet werden, sondern es handelt sich vielmehr um eine therapiebedürftige chronische Erkrankung mit ausgeprägter Tendenz zur Verschlechterung, die an fast allen Organstrukturen und Geweben Folgeschäden verursacht und Begleiterkrankungen fördert.
Es wäre zu einfach das konstant ansteigende Körpergewicht der Eigenverantwortung des Betroffenen zu überlassen. Vielmehr bedarf es moderner, wirksamer und machbarer Präventionsstrategien, den Empfehlungen von WHO und Vereinten Nationen folgend eine Verhältnisprävention zu etablieren und die Politik einzubinden, damit fett-, zucker- und salzreiche Nahrungsmittel der Lebensmittelindustrie nicht länger als Billigprodukte im Überangebot sind, sondern gesunde Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen bevorzugt angeboten werden.